Krieg ist kein Spiel: This War of Mine

Mehr interaktives Lehrstück als echtes Spiel: Das Download-Adventure "This War of Mine" will PC-Spielern zeigen, wieso Krieg keinen Spaß macht. Dafür rückt es statt der Soldaten die Opfer in den Fokus. 


Auf den ersten Blick präsentiert sich "This War of Mine" wie ein Point'n'Click-Adventure. Einfach den gewünschtenCharakter klicken und dann ein Interaktions-Icon wählen – und schon geht's los.


Ressourcen finden, um sie dann in Werkzeuge, Medikamente,Haushalts-Gegenstände oder Möbel zu verwandeln – das ist der zentrale Spiel-Mechanismus



Spieler sind es gewöhnt, den Krieg aus der Heldenperspektive zu erleben: Zwar schlagen selbst Ego-Shooter wie ein "Call of Duty" mitunter kritische Töne an, doch in der Hauptsache geht es darum, möglichst viele Feinde umzupusten. Darum, an der Front zu kämpfen, heißes Blei in die feindlichen Reihen zu ballern und mit modernsten technischen Hilfsmitteln so viele Gegner auf einmal zu erledigen wie möglich. Was dagegen mit den Opfern passiert, das interessiert zwischen all dem Mündungsfeuer und Effekt-Getöse herzlich wenig. Doch: Was ist mit all den Menschen, die ihre Heimat, ihre Freunde und ihre ganze Existenz verloren haben? Die Tag für Tag um ihr Leben bangen müssen und in den Ruinen verzweifelt nach Nahrung suchen? 

Um diese unschöne Seite martialischer Konflikte kümmert sich "This War of Mine" vom polnischen Indie-Entwickler '11 Bit Studios'. Designer Pawel Miechowski besteht sogar darauf, dass sein 'Spiel' ganz bewusst keinen Spaß macht – immerhin macht auch Krieg keinen Spaß. "Es ist viel eher eine Erfahrung", antwortet der Designer in einem Interview mit der US-Website kotaku.com. Weil es Miechowski um eine möglichst realistische Abbildung der Kriegsschrecken geht, hat er wie selbstverständlich auch Frauen und Kinder in den Pixel-Konflikt geschickt. "Die sind von Kriegen eben auch betroffen", kommentiert der Entwickler diese ungewöhnliche Entscheidung schlicht. 

Ebenso trocken und ernüchternd wie Miechowskis Aussagen ist auch sein Produkt: Der Titel – der sich mit voller Absicht gegen so ziemlich alles sträubt, was Spiele sonst auszeichnet – schert sich herzlich wenig darum, wie viel Spaß die Kunden damit haben. Oder ob sie zwischendurch mal Pause machen, den Spielstand sichern und dann ausschalten wollen. "This War of Mine" zeigt seine Protagonisten von der Seite, will eine deprimierende Kombination aus animiertem Schwarz/Weiß-Comic und Point'n'Click-Adventure sein. Das Ziel: Überleben. So lange wie möglich – oder bis man den 'Surrender'-Button klickt. 'Surrender' wie 'aufgeben'. Eine Save-Funktion dagegen gibt's nicht. Keine Chance auf Bewährung. Wie im echten Krieg eben. 


Nachts gehen unsere Überlebenden auf Beutezug – und zwar einzeln. Die Karte bietet eine Auswahl an Gebäuden, die gefilzt werden dürfen. Nicht wenige davon sind gefährlich



Wer sich bei so viel gezielter Gemeinheit fragt, warum er dann überhaupt die 2D-Gebäude nach Nahrung, sauberem Wasser und anderen, lebenswichtigen Ressourcen durchforstet, den überkommt dabei fast schon zwangsläufig die selbe Hoffnungslosigkeit wie seine drei Protagonisten. Die mühen sich dabei ab, ihr ruiniertes 'Heim' mit bloßen Händen vom Schutt zu befreien und mit Hilfe der mühsam zusammengeklaubten Objeke für einen Minimum an Komfort zu sorgen: Sich ein Bett oder einen Stuhl zu bauen – oder eine Werkbank, mit der die Herstellung weiterer Gegenstände leichter fällt. Die schützenden Wände ihres Unterschlupfs verlassen sie nur bei Nacht, um in anderen Gebäuden nach Vorräten und brauchbarem Krimskrams zu forschen. Immer in der Hoffnung, nicht auf einen der Bewohner zu treffen, die sich in den anderen Ruinen evtl. noch rumtreiben. Denn die wenigsten Hausbesitzer bzw. -besetzer mögen Besuch von Plünderern. 

Und kehrt einer der drei von seinem nächtlichem Streifzug nicht zurück, dann bleibt er auch für immer fort. "This War of Mine" kennt keine Rücksetzpunkte. Es kennt nur Leben. Tod. Und Game Over. Es ist eine interaktive Lehrstunde, die uns daran erinnert, warum Krieg alles andere ist als ein Spiel. Und das schafft 11 Bite ganz ohne erhobenen Zeigefinger oder moralinsaure Sprüche.