Stahlgewitter mit Robo-Kumpel: "Titanfall 2" im Test

 

Interaktives Buddy-Movie mit Roboter-Rabatz: Für seine Mech- und Multiplayer-Schlacht "Titanfall 2" liefert Entwickler Respawn endlich den überfälligen Story-Modus nach, auch bei den Mehrspieler-Matches hat man ordentlich nachgelegt.


 

Roboter statt Panzer, Raumschiffe anstelle von Hochsee-Pötten - und über den Schlachtfeldern auf fremden Planeten ziehen fremdartige Kreaturen ihre Kreise: Mit ihrem Mech-Scharmützel "Titanfall" haben die einstigen "Call of Duty"-Entwickler Jason West und Vince Zampella die kalte Kriegs-Realität hinter sich gelassen, um endgültig ins Science-Fiction-Genre abzuheben. Problem der einst Xbox- und PC-exklusiven Multiplayer-Schlacht: Das erste "Titanfall" verzichtet 2014 auf jede Form von Story- oder Singleplayer-Modus. Ein Versäumnis, das man jetzt endlich nachholt: "Titanfall 2" bemüht sich in seiner rund achtstündigen Solo-Kampagne darum, den Konflikt zwischen der IMC und den Milizen rebellischer Kolonien zu erklären - ebenso wie die neuronal geknüpfte Symbiose aus Mensch und Riesen-Roboter, die im Zentrum der futuristischen Materialschlacht steht.


Denn die Battlemechs aus "Titanfall" sind keine tumben Maschinen - jeder der Giganten verfügt über eine ausgefeilte KI und digitale Persönlichkeit, die es ihm auch erlaubt, ohne seinen Piloten aktiv zu werden. Zum Beispiel dann, wenn sein kleiner Kumpel das Cockpit verlassen muss, um sich durch enge Durchlässe zu zwängen oder mit Hilfe seines Jetpacks über Abgründe hinzwegzusetzen, die für den Mech unpassierbar sind. Dann eröffnet der Roboter auch mal selbständig das Feuer, während sein Pilot inmitten der gegnerischen Meute wie ein High-Tech-Derwisch wütet. Denn auch ohne den Berg aus Schrauben und Muttern unter ihrem gepolsterten Podex sind die Robo-Steuermänner potente Kampfmaschinen. Dem wütenden Ansturm eines springenden, fliegenden und die Wände entlanglaufenden Piloten hat eine Gruppe aus gewöhnlichen "Schützen" nichts entgegenzusetzen.



 

Diese Kombination aus geballter, menschlicher Agilität und Kampfmaschinen-Action ist es, die "Titanfall" von anderen Roboter-Schlachten abhebt: Anders als zum Beispiel Froms "Armored Core"-Reihe ist das Blei- und Stahlgewitter von Respawn Entertainment blitzschnell - selbst hinter den Kontrollen der hünenhaften Blech-Buben bleibt "Titanfall 2" angenehm flott. Für die taktische Tiefe hinter den Mech-Kontrollen sorgen wiederum die verschiedenartigen "Loadouts": Einmal montiert, lässt sich jedes dieser Ausrüstungs-Sets auf Knopfdruck aktivieren - komplett mit allen Waffen- und Abwehrsystemen, die dazu gehören. Je nach Situation und Spielstil wird der Pilot seinen Roboter dazu animieren, feindliche Attacken zum Beispiel mit Hilfe eines Flammenschilds abzuwenden oder die Projektile per Energiefeld zurück auf den Angreifer zu schleudern. Auch bei den unterschiedlichen Angriffsformen geben sich die Giganten keine Blöße: Zielsuchende Raketen, übergroßes Maschinengewehr, gleißendes Flammeninferno, Granatwerfer - hier findet jeder das "Handwerkszeug", das am besten zu ihn passt.

Schade nur, dass Respawn es nicht schafft, das hochdynamische Geballer auch optisch ansprechend zu inszenieren: Bei der leider etwas inhaltsleer geratenen Kampagne um den frischgebackenen Piloten Jack Cooper und seinen Roboter-Freund "BT" hält man den Spieler zwar immer wieder durch angenehm bunte Felslandschaften und Raubtier-Aliens bei Laune - doch die steife Mimik der Protagonisten sowie die grob modellierte Umgebungs-Grafik erreichen niemals das visuelle Niveau, das man heute von einer Großproduktion dieses Kalibers erwartet. Ebenfalls schade: Der Multiplayer-Modus - eigentlich das Herzstück von "Titanfall" - sorgt immer wieder für spannende Team-Duelle, aber das angenehm unkomplizierte, geradlinige und intuitive Handling, das den Vorgänger ausgezeichnet hat, wurde zugunsten ungezähmter Feature-Wut verschrottet. Ausgesprochene Multiplayer-Profis werden damit vielleicht glücklich, doch Feunde des Vorgängers fremdeln erstmal gewaltig. Immerhin: Neue Mehrspielermodi wie eine Art Roboter-"Cage-Fight" und die launige "Bounty Hunt", bei der um harte Ingame-Währung geballert wird, bieten gerade langfristig eine willkommene Herausforderung.

Alles in allem fährt Respawn ein launiges Gesamtpaket auf, das den Umfang-seitig schwachbrüstigen Vorgänger dezent übertrifft, aber gleichzeitig den Reiz des Neuen vermissen lässt, der das erste "Titanfall" ausgezeichnet hat. Für einen möglichen Nachfolger sollte man gerade visuell ordentlich zulegen.

 


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