Zauberhaft geflüstert: "Silence: The Whispered World 2"

Ein Bombentreffer auf ihren Bunker versetzt zwei Kinder in das Märchenreich von Daedalics "Whispered World": Mit der Fortsetzung "Silence" setzt das Hamburger Studio seinem modernen Genre-Klassiker ein ungewöhnliches Denkmal.

 

 

Mit den Point'n'Click-Abenteuern des traurigen Clowns Sadwick und seiner Kumpel-Raupe "Spot" haben die Hamburger Adventure-Spezialisten von Daedalic bereits vor "Deponia" einen großen Erfolg gefeiert. Grund genug für das Team, das Ausnahme-Adventure "The Whispered World" aus der Feder von Deadalics Chef-Zeichenkünstler Marco Hüllen fortzusetzen - und das auf ungewönliche Weise: In der Welt der beiden "Silence"-Helden Noah und Renie sind Sadwicks Abenteuer eine prominente Kindergeschichte. Als ein Krieg losbricht, versucht Teenager Noah, sein verängstigtes Schwesterlein mit den Geschichten aus der "Whispered World" beruhigen - da schlägt auf einmal eine Bombe ein. Danach finden sich die Kinder im Fantasieland wieder, von dem sie eben noch geträumt haben - allerdings beide an verschiedenen Orten.


Während sich Noah an der Seite der knuffigen Raupe Spot und einer zickigen Kriegerin durch das zwar schöne, aber auch gefährlichen Fantasy-Universum schlägt, landet Renie bei einer Truppe von Widerständlern. Denn die geflüsterte Welt findet sich im unbarmherzigen Würgegriff der "Falschen Königin" und ihrer maskierten Monster. Grund genug für die kleinen Helden, so schnell wie möglich wieder zusammenzufinden. Bis dahin warten allerdings allerlei Rätsel auf die beiden: Wahlweise mit Joypad oder Maus wollen allerlei Details aus der märchenhaft schönen Kulisse in Augenschein genommen, begrabbelt und manipuliert werden: Renie köchelt mit Hilfe einer Holzschale einen ätzenden Sud aus Beeren, um ihre Weggefährten aus einer fleischfressenden Pflanze zu befreien - und Noah hilft mit Spot dabei, den Haltegriff einer Hängebrücke zu zerstören. Denn das putzige Insekt kann sich wie gewohnt aufblähen, zuvor getanktes Wasser versprühen oder so platt machen, dass es durch enge Ritzen passt - für viele Puzzles unschätzbare Talente!

 



 

Trotz all dieser Möglichkeiten gibt sich "Silence" Rätsel-seitig spürbar zahmer als sein Vorgänger - Daedalic-typische Point'n'Click-Kopfnüsse der obersten Härtestufe suchen Genre-Profis hier vergebens. Dafür genießen Adventure-Fans ein zauberhafte Märchenwelt, die im Adventure-Genre ihresgleichen sucht. Anstelle von gezeichneten Charakteren sind es diesmal 3D-Figuren, die sich hier durch schummrig beleuchtete Höhlen, herbstliche Wälder und verwunschene Ruinen rätseln - doch die wurden so homogen in die mal gezeichnete, mal dreidimensionale Kulisse eingefügt, dass jede Szenerie als eigenes, kleines Kunstwerk glänzt. Die Fokussierung auf eine dichte, filmische Atmosphäre und cineastisch aufspielnde Figuren erinnert eher an die Abenteuerspiele von Telltale Games ("The Walking Dead") als die Lucas-Arts-Klassiker, die Daedalic bei früheren Spielen zitiert hat. Kurzum: Die Flüsterlwelt ist in der Adventure-Moderne angekommen. Und das ist so überzeugend gelungen, dass nicht mal Fans des Originals den Richtungswechsel allzu übelnehmen dürften. Zumal "Silence" keine Fortsetzung im herkömmlichen Sinne erzählt - vilemehr benutzt die Geschichte von Noah und Renie den ersten Teil als eine Art mythologischen Unterbau, dessen genaue Bedeutung für die Fortsetzung erst später geklärt wird. Großartig.

 


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