Lieber Zombies als Söldner: "The Walking Dead: A Telltale Series – Staffel 3"


 

Die lebenden Toten sind zurück: Nach über zweijähriger Wartezeit setzt Adenture-Experte Telltale seine Version von Robert Kirkmans Zombie-Universum endlich fort. Auch in der dritten Staffel von "The Walking Dead" werden Comic-Vorlage und TV-Umsetzung nur gestreift, stattdessen setzt "A New Frontier" wie gehabt auf eigene Figuren und Schauplätze: Der neue Season-Frontmann Javier alias "Javi" Garcia kutschiert seine Schwägerin und ihre beiden Sprösslinge durch das von Untoten überlaufene Hinterland der USA. Auf der Suche nach einer sicheren Bleibe kollidiert die kleine Familie immer wieder mit der Sekten-artig strukturierten Söldner-Armee "New Frontier", außerdem begegnet man ein paar alten Bekannten: So freuen sich Sammler des Comic-Originals über ein Wiedersehen mit Martial-Arts-Künstler Paul "Jesus" Monroe - und je nachdem, wie der Spieler die zweite Staffel der Serie beendet hat, trifft er hier auf die spröde Teenagerin Jane oder den seit Staffel 1 bekannten Kenny.

 



 

Eine besondere Rolle erfüllt aber einmal mehr die kleine Clementine: Die hat sich seit ihrem Debüt in der allerersten Folge vom verängstigten, achtjährigen Kind zur wehrhaften Teenagerin entwickelt. Seit ihrer Trennung on der ursprünglichen "Walking Dead"-Clique ist Clementine im Einzelkämpfer-Modus, gesellt sich aber schießlich zu Javis immer stärker ausdünnenden und von brutalen Schicksalsschlägen heimgesuchten Truppe. Spielbar ist die ehemalige Heldin aber nur in seltenen Rückblenden, die ihre Erlebnisse zwischen Staffel 2 und 3 beleuchten – ansonsten ist es der ehemalige Baseball-Profi Javi, der nach gewohnter Telltale-Art durch die Comic-artig gestalteten Szenarien gelotst wird: Hin und wieder wird die postapokalyptische Szenerie dabei nach Art eines Point'n'Click-Adventures untersucht, doch die Komplexität der Knobel-Einlagen ist gewohnt durchschaubar. Hier ein Brett von einem Verschlag lösen, um unter eine verschlossene Hütte zu gelangen, dort mit Hilfe einer Seilwinde eine Auto-Blockade auflösen - das war's dann auch schon. Stattdessen stehen wieder die Chemie zwischen den unterschiedlichen Figuren und ihre ausschweifenden Gespräche mit Mittelpunkt des "Adventure light"-Konzepts: Die Entscheidungen in den Multiple-Choice-Dialogen wollen fast alle unter Zeitdruck getroffen werden - und nicht selten bestimmt der Verlauf der Wortduelle auch den des Abenteuers: Welche Figur gewinnt wessen Vetrauen, wer verliebt sich in wen und - noch wichtiger - wer überlebt die vielen Attacken von Untoten oder den schießwütigen Angehörigen der "New Frontier"? Wie stark sich die verschiedenen Entscheidungen auf die weitere Entwicklung der neuesten "Walking Dead"-Erzählung auswirken, ist nach zwei von fünf geplanten Episoden bisher nur bedingt absehbar, aber dramaturgisch hat man die Vorgänger-Staffel schon jetzt abgehängt. Außerdem wurden die Figuren nicht nur Story-seitig angenehm plastisch gezeichnet, auch visuell hat die Serie tüchetig zugelegt: Abgesehen von einigen unschönen Rucklern kann die "Walking Dead"-Inszenierung jetzt mit moderneren Telltale-Reihen wie "Batman" oder "Tales from the Borderlands" gleichziehen. Schade dagegen, dass die Abenteuer von Javi, Clementine & Co. selbst für Telltale-Verhältnisse extrem wenig Interaktions-Möglichkeiten bieten: Das Resultat ist ein zwar angenehm präzises Portrait der Protagonisten, doch die Darstellung der Spielwelt kommt reichlich kurz.

 


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