Kritik: Abe's Oddysee – New'n'Tasty


 

 

Wer Ende der 90’er in der kalifornischen Kleinstadt San Luis Obispo vorbeischaut, der entdeckt dort inmitten eines flachen Klinkersteinbaus etwas, das auf den ersten Blick an ein Hollywood-Studio erinnert. Und das nicht von ungefähr: Die beiden "Oddworld Inhabitants"-Chefs Lorne Lanning und Sherry McKenna haben vorher bei der Hollywood-Effektschmiede Rhythm & Hues gearbeitet und zählen zu den Pionieren der noch blutjungen Computer-Animation. Jetzt entwickeln sie Games für die ersten PlayStation: Die Abenteuer des knuffigen Außerirdischen "Abe" handeln in der bizarren "Oddworld" und verbinden horizontale Hupf-Action mit brutalen Kopfnüssen.

 

Fast 20 Jahre und drei Spiele später ("Abe's Exoddus": großartig; "Munch's Oddysee": mau; "Stranger's Wrath": fantastisch) ist die Oddworld fast tot. Fast.

Erfinder Lorne Lanning nutzt die neuen digitalen Distributionswege und den aktuellen Independent-Hype, um seinen ehemals von den Kritikern gefeierten Alien-Planeten wieder auf die Sternenkarte zu bringen. Das in Zusammenarbeit mit dem Entwickler Just Add Warte erarbeitete Remake bildet den 32Bit-Klassiker detailgetreu nach, doch statt der ehemals vorgerenderten 2D-Elemente gibt's jetzt zeitgemäßes Echtzeit-3D. Nach wir vor tapst der trottelige Abe von links nach rechts durch die von den grausamen Glukkons regierte Fleischfabrik "Rupture Farms". Hier werden neben Abes Artgenossen – den "Mudokons" – noch zahlreiche andere Ureinwohner der Oddworld verhackstückelt und in Konserven abgefüllt.

 

Um seine Mit-Mudokons zu retten, erkundet das grüne Kerlchen die lebensfeindliche Umwelt mit all ihren grotesken Wärtern und tödlichen Maschinen, hopst nach Jump'n'Run-Art über Hindernisse oder zieht den brutalen "Slig"-Wächtern mit Hebeln buchstäblich den (Falltür-)Boden unter den Blechstelzen weg. Am wichtigsten ist aber die putzige "Gamespeak": Per D-Pad kommunziert Abe mit seinen Kollegen, manövriert sie mit Hilfe von Phrasen wie "Hello!", "Follow me!" ("Folge mir!") oder "Stay!" ("Bleib!") durch die tödlichen Levels und in rettende Teleporter hinein.

 

Trotz seine fortgeschrittenen Alters ist die Neauflage des ersten "Oddworld"-Adventures erstaunlich fit geblieben: Spielspaß und Schmunzel-Faktor sind noch immer intakt und die Rätsel – obwohl heute nicht mehr so innovativ wie 1997 – angenehm herausfordernd. Der Star ist aber nach wie vor die Oddworld selber mit ihrer Animationsfilm-artigen Präsentation und massenhaft grotesken Design-Details. Schade: Der neue 3D-Abe ist zwar noch immer sympathisch, aber nicht mehr so wunderbar niedlich wie früher.

Trotzdem: Zuschlagen lohnt sich – zumal Lorne Lanning ab 500.000 verkauften Downloads ein rundum neues "Oddworld"-Game verspricht.

 

(9.0 von 10 / "sehr gut")

 


Oddworld Inhabitants / Juss Add Water • PS3, PS4, PC, Xbox One, WiiU • ca. 20 Euro • für Profis


WERTUNGEN: 1.0, 1.5, 2.0 = ungenügend • 2.5, 3.0, 3.5 = mangelhaft • 4.0, 4.5, 5.0 = ausreichend • 5.5, 6.0, 6.5 = befriedigend • 7.0, 7.5, 8.0 = gut • 8.5, 9.0, 9.5 = sehr gut

10 = legendär