Kritik: The Last Tinker – City of Colors


 

Nach Media Molecule mit „Tearaway“ (PS Vita) versucht sich der Münchener Indie-Entwickler Mimimi-Productions an einer herzigen Bastelwelt: Das Handmade-Universum von „Last Tinker“ besteht aber nicht aus zart gewellten und zurechtgeschnipselten Papier-Bahnen, stattdessen wurde es aus Pappmache konstruiert – hier und da hat man noch einzelne Pflanzen, Karren oder Werkzeuge aus Papp-Kärtchen zusammengesteckt. Besonders wichtig ist dabei die richtige Bemalung, ohne Farben wären viele der prachtvollen Gebäude kaum identifizierbare Gebilde. Und genau hier liegt das Problem: Die Bewohner der Papp- und Papier-Welt sind über ihre farbliche Zugehörigkeit in Streit geraten – darum marschieren jetzt viele von ihnen nicht mehr so farbenfroh wie einst durch die Straßen von Farbstadt, sondern bepinseln sich nur noch in den Grundfarben Rot, Grün und Blau. Initiator des Streits ist der böse Bleiche-Geist: Der will die kunterbunte Tinkerwelt in eine leblose, weiße Einheitssoße verwandeln.

 

Held der Stunde ist Affenmännlein Koru: Der freche Primat gehört zur sagenumwobenen Spezies der ,Tinker‘ – darum ist er der einzige, der den magischen Segen der Farb-Schutzgeister empfangen kann. Darunter z.B. rote Platscher und Farbschüsse, mit denen sich die weißen Handlanger der Bleiche erledigen lassen. Das funktioniert zum Glück ziemlich simpel: Das vor allem auf die kleinsten Spieler bedachte „Last Tinker“ konzentriert sich auf Puzzles und simple Geschicklichkeitsaufgaben, die beschaulichen Kloppereien dagegen sind eher launiges Füllwerk als echte Herausforderung. Auch das Erforschen von Farbstadt fällt komfortabel aus: Wie bei Ubisofts Adventure-Reihe „Assassin‘s Creed“ funktioniert das Erkraxeln von Gebäuden und das Hopsen von Plattform zu Plattform, indem man ein und den selben Button gedrückt hält und den Helden einfach auf das Hindernis zusteuert – das Gros der Feinarbeit übernimmt die Figur dann selber. Dass Koru trotzdem hin und wieder in einen Abgrund plumpst, das gehört zu den gelegentlichen Kontroll-Schnitzern, die sich „Last Tinker“ erlaubt: Das kleine deutsche EntwicklerTeam hat sich trotz nur weniger Mittel als erstaunlich kompetenter Weltenbauer erwiesen, doch an einigen Ecken fehlt es Farbstadt an der Sorte Feinschliff, die aus einem „netten Dorf“ ein begehrliches Ausflugsziel für virtuelle Abenteurer macht.

 

 

Auch das Spielkonzept vermittelt immer wieder den Eindruck von Flickschusterei: Ein bisschen Schleichen hier, ein wenig Hochseilbahn-Sliden da, dann wieder pflichtmäßig hopsen und kloppen oder eine aufgesetzt erscheinende Knobel-Einlage bestreiten – jedes dieser Elemente für sich funktioniert, doch zu einem harmonischen Gesamtbild schaffen sie es nicht, denn dafür mangelt es „Last Tinker“ an einem koheränten Design- und Ideen-Unterbau. Selbst die Erzählung wirkt auf skurrile Weise wie eine narrative Entsprechnung seiner zusammengebastelten Spielwelt: „Last Tinker“ ist ein unglaublich sympathisches und liebenswertes Jump‘n‘Run-Abenteuer, das leider dabei versagt, all seine vielversprechenden und zuckersüßen Ideen zu einer stimmigen Spielerfahrung zu bündeln. „Last Tinker“ bemüht sich überdeutlich darum, Bilder aus der goldenen 3D-Ära des Genres heraufzubeschwören, doch die zahlreichen Zitate funktionieren nur auf visueller Ebene – und die Geschichte ist zu fahrig, zu erzwungen und zu kleinteilig, um sie richtig transportieren oder zusammenzuhalten zu können.

 

(6.5 von 10 / "befriedigend")

 


Mimimi Productions und Unity Games • ab sofort für PC (Steam) für ca. 20 Euro, Konsolen-Versionen folgen • für Einsteiger und Fortgeschrittene


WERTUNGEN: 1.0, 1.5, 2.0 = ungenügend • 2.5, 3.0, 3.5 = mangelhaft • 4.0, 4.5, 5.0 = ausreichend • 5.5, 6.0, 6.5 = befriedigend • 7.0, 7.5, 8.0 = gut • 8.5, 9.0, 9.5 = sehr gut

10 = legendär