Assassin's Creed: Unity

Schöner, moderner, feiner, emotionaler: Das nur für PS4, Xbox One und PC entwickelte  "Assassin's Creed: Unity" soll Ubisofts klassische Meuchler-Mär endlich in die Next-Gen transportieren. Aber versteckt sich hinter der schönen Fassade von Paris auch das spielerisch stärkste Assassinen-Abenteuer? 

für PS4, Xbox One, PC

von Ubisoft

für Fortgeschrittene und  Profis


im Handel

ca. 65 Euro

ab 16 Jahren



Die französische Revolution gilt als eines der wichtigsten Ereignisse für die Abschaffung feudalistischer Systeme in Europa, hat aber auch viel Leid geboren und kriminelle Elemente an die Macht gebracht.


 

Bei "Black Flag" hat Ubisoft noch alle Konsolen-Generationen bedient, mit "Assassin's Creed: Unity" dagegen versorgt man zum ersten Mal ausschließlich die Next-Gen. Die Tatsache, dass die Entwickler aus Montreal ihre Werkzeuge diesmal ausschließlich auf High-Tech-Hardware hin optimieren konnten, zeigt sich im fertigen Spiel überdeutlich: Die grob gezimmerten Gesichter und Figuren aus den Vorgänger-Spielen gehören endlich der Vergangenheit an, auch 3D-Architektur, Textur-Auflösung und nicht zuletzt die gigantischen Menschenmengen summieren sich zu einem von wenigen Spielen, die endlich mal zeigen, was die neuen Konsolen können. Der Ausflug ins Paris zur Zeit der franösischen Revolution erweckt eine pulsierende Stadt voller verspielter Details: Durch die von Unrat, Schmutz und Pferdeäpfeln übersäten Straßen, Plätze und Gassen bahnt sich eine summende, kreischende, lachende, weinende, fluchende Menschenmenge ihren Weg, in der jedes wahllos herausgegriffene Gesicht eine Geschichte erzählt. Über die Dächer streifen Katzen, durch die Gassen herrenlose Hunde. Blakende Fackeln spiegeln sich in Pfützen – und die von Flammen verzehrten Möbel- bzw. Bücherstapel versprühen einen Funken- und Aschenregen, der die flatternden Gewänder des neuen Assassinen Arno umspielt. 

 

Der wiederum ist als Charakter zwar weder so kernig wie ein Ezio Auditore noch ein notorischer Weltverbesser á la Connor oder so herrlich markant wie Seebär Edward Kenway – doch gänzlich uninteressant ist er trotzdem nicht. Als leiblicher Sohn eines gemeuchelten Assassinen und Zögling eines Templers ist der selbstverliebte Franzmann – ohne es zu wissen – zwischen zwei Welten aufgewachsen. Bis er eines unschönen Tages in der gefürchteten Bastille wieder zu sich kommt: Hinter Gittern begegnet Arno seinem Assassinen-Mentor, erfährt um seine wahre Herkunft und wird endlich in die hohen Künste des sektiererischen Parcours-Laufs, Fassaden-Kletterns und unerkannten Abmurksens eingeführt. Hier erlaubt sich der jüngste Teil der Meuchler-Mär wieder mal handfeste Schnitzer: Die Ausbildung des Jung-Assassinen läuft wie gewohnt in Zeitraffer ab – auch Arno hat man das Eichhörnchen-artige Kraxeln scheinbar in die Wiege gelegt. Aber immerhin macht er dabei eine gute Figur: So behände und elegant wie der junge Pariser ist noch kein Assassine über Dächer, Hausfassaden, Giebel, Türme und Mauern gewieselt.

Da die Pariser Next-Gen-Architektur wesentlich komplexer, natürlich, organischer und vor allem verwinkelter ist als die anderer Serien-Metropolen, verhält sich der Assassine an manchen Stellen ganz schön zickig – doch dafür hat er ein paar sinvolle, neue Manöver mitgebracht. So beherrscht Arno z.B. den raschen Abstieg wesentlich besser als seine Vorfahren. Auch durch offene Türen und Fenster zu schwingen, um dann vor den Augen der verdutzten Bewohner auf der andere Seite der Behausung wieder hinauszustürzen, beherrscht Arno tadellos – denn anders als früher sind viele Gebäude der Stadt jetzt auch innen herum begehbar. Ohne jede Laudepause. 

Die Kämpfe in "Unity" sind deutlich gewaltbetonter als in den anderen Serien-Inkarnationen. Die vielen Feuerwaffen sorgen leider gerade anfangs für unfaire Verhältnisse und Frustmomente.




Lebendiger denn je: Die riesigen Menschen-Aufläufe gehören zu den Highlights im Spiel und zeigen eindrucksvoll, was Ubisofts Next-Gen-Engine kann.


 

Doch obwohl Paris als die größte und schönste Serien-Metropole überzeugt, so ist "Unity" doch nicht der ganz große Wurf geworden: Manch ein gewohnter Serien-Mechanismus wurde unnötig verkompliziert und bürokratisiert und der Schwierigkeitsgrad in den Kämpfen zu sehr nach oben geschraubt. Außerdem hat  man viele Manöver wie das altbekannte Verstecken auf der Bank jetzt an ein herzlich überflüssiges Fertigkeiten-System gekoppelt, das aus dem neuen "Assassin's Creed" eine Art Meuchel-Rollenspiel machen will. Wer eifrig hoch-levelt, für den werden die Kämpfe mit der Zeit zwar merklich einfacher, doch bis dahin gibt es allzu viele Frustmomente, bei denen man nie so recht weiß, ob sie durch eigenen Kompetenz-Mangel, schlechte Spiel-Balance oder eine unsauber programmierte Button-Abfrage verschuldet werden.


Auch die schiere Größe und Schönheit von Paris schließlich verblasst angesichts des simplen Umstandes, dass eine einzige Stadt im Zeitalter von "Black Flag" einfach zu wenig ist. Zwar wartet die Metropole mit reichlich interessanten Missionen, einer großen Unterwelt und (herzlich überflüssigen) Multiplayer-Missionen auf – aber trotzdem fühlt man sich darin eingesperrt. 

Erschwerend hinzu kommt die wie eh und je wirr zusammengeflickschusterte Geschichte: Realitäts-Risse, die kurz in andere Zeitalter entführen? Die Gegenwarts-Geschichte wurde auf Zwischensequenzen reduziert? Und was ist mit der allzu konstruiert wirkenden Liebesgeschichte zwischen Arno und seiner Stiefschwester Elise? All das vermittelt mehr denn je das Gefühl, als wüssten die Ubisoft-Autoren beim besten Willen nicht mehr, wo die erzählerische Reise hingehen soll. Wo "Black Flag" seine narrative Inkonsistenz durch den riesigen Schauplatz und den karibischen Kanonendonner kompensiert hat, da werden die Schwächen der Serie in "Unity" wieder auf einen einzigen Schauplatz verdichtet und dadurch auf unangenehme Weise auffällig. 

 

Serien-Fans bekommen mit "Unity" zwar noch immer ein solides und vor allem extrem hübsches "Assassin's Creed", doch die Neuerfindung der Serie ist es nicht. Trotzdem kommt uns die Hass-Welle, von der die Entwickler aktuell überrollt werden, unverhältnismäßig vor: Dass man viele Features mit UPlay zwangsverknüpft hat, ist schlicht inakzeptabel. Zugegeben. Auch der viele Free2Play-Ballast, die zahlreichen Bugs (selbst mit Day-One-Patch) und die teils brutalen Framerate-Einbrüche sind ausgesprochen ärgerlich. Aber man kann damit leben – denn der nächste Patch kommt bestimmt. Auf diese Weise wird ein eigentlich "sehr gutes" Produkt leider auf ein schlichtes "Gut" reduziert – aber das sollte einen nicht daran hindern, in das Paris des späten 18. Jahrhunderts abzutauchen. Denn es gehört zu den schönsten Städten, die wir jemals in einem Videospiel erkunden durften. 



8.0

gut

Grafik: sehr gut

Sound: gut

Steuerung: gut

Spielspaß: gut