Vollstrecker auf Open-World-Kurs: MAD MAX

Fahren, Autos tunen, ballern, prügeln: Warner und die Avalanche Studios versetzen den bekannten Leinwand-Helden in ein Action-geladenes Open-World-Spektakel mit Rollenspiel-Elementen und "Grand Theft Auto"-Schlagseite. "Mad Max" für PS4, Xbox One und PC hält sich dabei locker an die atmosphärische Mixtur der Filmvorlagen, ist aber ein eigenständiges Vollstrecker-Abenteuer.


Als der australische Filmemacher George Miller (u.a. "Schweinchen Babe" und "Happy Feet") 1979 sein Regie-Debüt abgibt, da schafft er – ohne es zu ahnen – einen Klassiker: Sein Low-Budget-Movie "Mad Max" vermischt Rachefilm mit Road-Movie, paart diese Mixtur mir einem Schuss Weltuntergangs-Flair und liefert dazu Gewalt-Exzesse, wie man sie in den 70ern nur selten zu sehen bekommt. Doch erst mit der Fortsetzung 1981 avanciert sein von Mel Gibson verkörperter Endzeit-Krieger endgültig zum Pulp- und Kino-Kult: "Mad Max 2: Der Vollstrecker" spielt ausnahmslos in der Wüste und beschwört postapokalyptische Bilder herauf. Obwohl Miller niemals ausdrücklich auf einen vorausgegangenen Atom-Konflikt verweist, erfindet er mit diesem Teil die Blaupause für das Genre des postnuklear verstrahlten Untergangs-Films. Und inspiriert zugleich zahllose Nachahmer, deren Protagonisten fortan durch trostlose Sand- und Steinwüsten stiefeln – darunter nicht nur Filme, auch Spieleserien wie "Wasteland" oder "Fallout" entstehen nach "Mad Max"-Vorbild.

Ein aufälliges Detail an Millers Werk: Wie ein James Bond oder Baman ist auch sein Max kein Held, der chronologisch oder logisch aufeinander abgestimmte Abenteuer erlebt – zwischen den einzelnen Filmen bestehen allenfalls lose erzählerische Bezüge. Da macht auch der jüngste Film keine Ausnahme: "Mad Max: Fury Road" mit Tom Hardy in der Hauptrolle ist eher Neu-Interpretation denn Fortsetzung.

 

 

Nur konsequent also, dass auch die erste ernstzunehmende Spiele-Umsetzung der Thematik ihren eigenen Weg geht: "Mad Max" aus den schwedischen Avalanche Studios hält sich zwar streng an die DNA des prominent verstaubten Trademarks, macht aber letztlich sein eigenes Ding. Wie im Film beklagt der durchgeknallte Highway-Krieger bereits im Intro den Tod seiner Familien und verliert früh seinen schicken, schwarzen fahrbaren Untersatz – darum braucht der unrasierte Antiheld so schnell wie möglich PS-starken Ersatz. Hilfe winkt in Gestalt des entstellten Auto-Mechanikers Chumbucket, mit dem Avalanche überdeutlich Filmcharaktere wie den Piloten aus "Der Vollstrecker" zitiert. Chumbucket glaubt, in Max einen prophezeiten Retter zu erkennen – darum hilft er ihm beim Zussammenbau des Super-Autos "Magnum Opus". Eigentlich steht diese Bezeichnung für das Meisterstück eines Künstlers – und tatsächlich versteht der humpelnde, stammelnde Chumbucket die Konstruktion des Wagens als eine Art künstlerischen, sakralen Akt. Entsprechend pingelig ist der KFZ-Kleriker, wenn es darum geht, die richtigen Bateile zu finden: Also kurvt Max zusammen mit seinem Mutanten-Mechanikus auf der Suche nach den besten Auto-Eingeweiden quer durch die postapokalyptische Wüste – einem ungemütlichen, staubigen und von zerklüfteten Felsmassiven durchsetzten Ort, den Avalanche als offenes Szenario angelegt hat. Während Max die groteseken Bewohner dieses 'Wastelands' mit Schrotflinte oder Fäusten bearbeitet, ist der auf der Auto-Ladefläche abgestellte Chumbucket darum bemüht, die vierrädrigen Mitstreiter in Schuss zu halten. Auch der Ausbau des Vehikels passiert unterwegs: Hat der Spieler genug Schrott-Teile beisammen oder besondere Bau-Elemente lokalisiert, dann wird die Wetter-seitig verschmirgelte Rostlaube nach und nach zur Kampfplattform mit reichlich Pferdestärken – Rammsporn inklusive. Auch ein garstiger Greifhaken gehört zur Ausstattung des "Wasteland-Panzers": Mit dem werden Wachtürme und Scharfschützen-Plattformen in den Staub gschickt – oder zerrt Chumbucket die Piloten von feindlich gesonnenen Schrott-Gefährten aus der Fahrerkanzel. Bei voller Fahrt natürlich.
Für die Keilereien mit den durchgedrehten Wastelandern wiederum setzt Entwickler Avalanche auf Altbewährtes aus dem Marken-Fundus von Publisher Warner: Das Wechselspiel aus flotten Hieb-Kombinationen und filmisch choreographierten Abwehr- bzw. Konter-Manövern hat man sich von den "Batman"-Spielen vom Warner-Kollegen Rocksteady abgeschaut.

 

Die Kombination aus Filmheld Max und einem modernen Open-World-Game ist potent – zumal das Rennfahrer-Gen des Kino-Charakters eine "GTA"-verwandte Gangart wie die hier verwendete nahelegt. Tatsächlich ist die Fahrerei durch die Wüste die stärkste Seite des Spiels: Wann immer Max hinter dem Steuer des Magnum Opus Platz nimmt, ist die Welt in Ordnung. Mit Vollgas durch eine angenehm weite Welt voller malerischer Gebirge und Felszinnen zu brettern und gegnerische Vehikel in Grund und Boden zu rammen – das macht einen Heidenspaß. Und ist die ideale Symbiose aus Rennspiel, Rowdie-Racing sowie Action-geladener Film-Adaption.
Zu Fuß ist der Warner-Held allerdings nicht gar so potent: Die Gebäude und Gangsysteme wirken oft hingeschludert, außerdem fühlt sich Mäxchens "Festland-Gang" allzu oft an, als hätte der Held keine richtige Bodenhaftung. Schlussendlich trägt das Spiel abseits der Fahrerei auch die Schuld daran, dass es "Mad Max" an der nötigen Abwechslung mangelt: Ständig durch die selbe, staubige Pampa zu kurven – das ist nur so lange toll, wie die Innen-Schauplätze für die nötigen Akzente und Kontraste sorgen. Weil Avalanches verstrahltes Aufgebot jedoch in genau dieser Disziplin patzt, bleibt die Versoftung des Vollstreckers hinter ihrem Potential zurück.

Schade, aber noch lange keine Katastrophe. Das bedeutet einerseits, dass es "Mad Max" nicht geschafft hat, den Vorsprung aufzuholen, den ihm Kollegen wie "Fallout" inzwischen voraus haben – Spiele, für deren Szenarien Warners Wastelander höchstpersönlich Pate stand. Andererseits ist es dem Hersteller wieder gelungen, eine weitere prominente Filmmarke kompetent in ein Spiel zu verwandeln – und das mit einem ähnlichen Rezept wie bei Gothams Flattermann: Man bedient die Marke und ihre wichtigsten Konzept-Eckpfeiler – hält sich dabei aber nicht sklavisch an die filmische Aufbereitung des Stoffes. Kurzum: Man lässt das Spiel ein Spiel sein. Und das funktioniert so gut, dass man trotz des Abwechslungs-Mangels und grottiger Intro-Sequenzen immer wieder gerne ins Wasteland zurückkehrt – immerhin leistet sich "Mad Max" auch als Spiel keine gröberen Schnitzer. Um eines hätten sich Avalanches Autoren allerdings gerne stärker bemühen dürfen: Die Meta-Ebene. Die war trotz der simpel gestrickten Erzählungen in Millers Filmen immer besonders kraftvoll – dem Spiel dagegen geht sie fast völlig ab.


(Robert Bannert)

 


7.5

gut

Grafik: gut

Sound: gut

Steuerung: gut

Spielspaß: gut



PS4, Xbox One, PC

von Avalanche Studios und Warner

ab 18 Jahren

für Fortgeschrittene und Profis

für einen Spieler


im Handel

ca. 65 Euro für Konsole

ca. 40 Euro für PC



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