Homefront: The Revolution

Mit "Homefront: The Revolution" liefert der deutsche Hersteller Deep Silver ein (Un-)Fallbeispiel für das, was bei einer teuren Games-Entwicklung so alles schieflaufen kann. Ursprünglich sollte der Nachfolger zu "Homefront" beim Traditions-Entwickler Free Radical ("TimeSplitters") entstehen, doch nach dem Konkurs von Publisher THQ wurde das Studio von Crytek übernommen. Als das bekannte deutsche Software-Haus jedoch ebenfalls in finanzielle Schieflage geriet, ging die Marke an Deep Silver – und mit ihr siedelte ein Gros der Free-Radical-Angestellten ins neu gegründete Studio "Dambuster" um. Dem fertigen Produkt sieht man die Irrfahrt leider deutlich an: Das neue "Homefront" sollte den vergurkten Vorgänger vergessen machen und den ehemals geradlinigen Shooter obendrein in die Welt der Open-World-Games überführen. Pures Gameplay und maximale Bewegungsfreiheit, das war die Maxime. Die gute Nachricht: Die Erzählung um die Besatzung der USA durch ein technologisch überlegenes Konglomerat aus Nord- und Südkorea hat nach wie vor Potential. Dambuster gibt sich alle Mühe, das Unterdrückungs- und Revolutions-Szenario mit einem stimmungsvollen Intro-Film zu erklären – auch der Auftakt zum eigentlichen Abenteuer provoziert gekonnt Gefühle von Unterdrückung und Beklemmung. Wenn der Spieler als angehendes Mitglied der Untergrund-Bewegung durch zerschossene und verregnete Vorstadt-Slums schleicht, während koreanische Sturmtruppen und Roboter-Drohnen durch die Straßen patrouillieren, dann macht "Homefront" tatsächlich Hollywood-reif Stimmung.
 
Schade nur, dass das eigentliche Abenteuer diese Botschaft so gar nicht mehr transportiert: Dann geht es nur noch darum, mit vorgehaltener und selbst zusammengefummelter Wumme gesichtslose, asiatische Böslinge aus ihren Kampfstiefeln zu ballern – in den Sequenzen dazwischen werden vor allem hohle Phrasen gedroschen und Kampfparolen auf Trash-Movie-Niveau gebellt. Kritische Abhandlung des an sich komplexen Themas? Politische Eigen-Reflexion der vielleicht nicht ganz zu Unrecht besetzten USA? Fehlanzeige – solche Fragen stellt sich die Revolution an der unterdrückten Heimatfront nur selten. Dafür ist das Helden-Hirn wohl viel zu sehr damit beschäftigt, abenteuerliche Waffen-Konstruktionen zu schmieden und zwischen den verstaubten Ruinen um sein nacktes Überleben zu kämpfen. Denn anders als im geradlinigen Vorgänger ist der Kriegsschauplatz weitgehend offen und seine unterschiedlichen Stadtviertel frei begehbar. Hier heißt es dann: Durch den Schutt schleichen, Häuserdächer erklimmen – und den Helden-Hintern zur Not auch mal auf einen Motorrad-Sattel schwingen, wenn es denn dabei hilft, den Besatzern zu entkommen. Der von koreanischen Truppen okkupierte US-Schauplatz bietet tatsächlich viel Bewegungsfreiheit, wird mit Hilfe der CryEngine weitgehend hübsch präsentiert und verführt zum hemmungslosen Erkunden – auch wenn einige unschöne Einbrüche bei der Programm-Performance und Hampelmann-Animationen den Action-Trip immer wieder stören.

Dass "The Revolution" trotz des gesteigerten Bewegungsspielraums nicht zündet, liegt aber weder an dessen technischen noch dramaturgischen Unzulänglichkeiten – vielmehr ist es die fast vollständige Abstinenz von konsistentem Gameplay oder Spieldynamik, die das Erlebnis immer wieder eintrübt. Strohdumme, geradezu passive KI-Gegner, mangelhaftes Treffer-Feedback und allgemein nervige Feuergefechte zum Beispioel sorgen dafür, dass "Homefront" gerade als Ego-Shooter eine bestenfalls mäßige Figur abgibt. Außerdem wirkt das Abenteuer bisher reichlich konfus: Wo geht's hin und warum? Die Missions- und Standort-Verwaltung per Ingame-Smartphone ist nur in der Theorie eine nette Sache – praktisch wird sie wie so vieles in "Homefront" von Bugs geplagt und sorgt deshalb eher für Verwirrung denn Orientierung. Schade, dass Dambusters Open-World-Ballerei aktuell zu wenig Anreize bietet, um sich durch dieses massive Dickicht aus Bugs, Design-Schnitzern und technischen Patzern zu ackern – auch wenn sich irgendwo dahinter vielleicht ein nettes Spiel verbirgt. Eines, das wir Dornröschen darauf wartet, das endlich ein Prinz kommt und die Hecke überwindet (oder vielmehr mit dem Flammenwerfer in Asche verwandelt). Derzeit arbeitet das Studio unter Hochdruck an Updates, um die "Revolution" doch noch in Gang zu bringen – aber bis dahin ist "Homefront" wenig mehr als ein hübsch inszeniertes Ärgernis mit gut verstecktem Potential.

 


6.0

befriedigend

Grafik: gut

Sound: befriedigend

Steuerung: ausreichend

Spielspaß: befriedigend