Die elektrischen Erben des Wüstenplaneten: The Technomancer

 

Für sein Science-Fiction-Abenteuer "Technomancer" tauscht der französische "Bound by Flame"-Entwickler Spiders Schwert und Axt gegen Vibro-Klinge und Laser-Wumme - und anstelle einer von Untoten bedrohten Fantasy-Welt wird der Mars erforscht. Aber auch auf dem roten Planeten geht's reichlich monströs zu: Die ursprünglich von der Erde importierten Tiere sind inzwischen zu gigantischen Kreaturen mutiert. Auch die Menschen haben sich verändert: Einige von ihnen zu grotesken Gestalten mutiert - wieder andere haben die Fähigkeit entwickelt, elektrische Energie zu bündeln. Als Folge dieser Mutation setzen sie jetzt Waffen unter Strom oder verbrutzeln ihre Widersacher mit Stromstößen.

Grund genug, die talentierten Burschen für die Armeen der Konzerne zu rekrutieren, die heute den roten Planeten unter sich aufteilen: Hier fungieren die sogenannten "Technomancer" als militärische Elite-Einheit und Friedenswächter - doch tatsächlich sind die mit paranormalen Talenten ausgestatteten und mit Cyber-Implantanten verschweißten Kämpfer wenig mehr als Sklaven. Held Zachariah und seine Brüder möchten sich vom Joch der Mega-Corporations befreien - dafür suchen sie fieberhaft nach einer Möglichkeit, um den unwirtlichen Planeten zu verlassen und zur Erde zurückzukehren. Problem: Zur Herkunftswelt fehlt seit Jahrhunderten jede Verbindung.

Doch bis Zachariah die Fährte aufnehmen kann, muss er sich zunächst als braver Konzern-Soldat betätigen. Durch die Slums der Firmen-Hauptstadt stromern, abtrünnige Truppen stellen und den Laufburschen spielen. Dabei helfen dem "Technomancer" neben seinen elektrisierenden Fähigkeiten drei verschiedenartige Kampfstile, die alle voneinander unabhängig gesteigert werden: Mit dem Stab kämpft es sich schnell, elegant und tänzerisch - mit der Kombination aus Klinge und Knarre wiederum hält man sich Feinde wie Monster, Mutanten oder Banditen effektiv vom Hals. Defensive Kämpfer dagegen setzen auf den beidhändigen Streitkolben-Kampf - denn die rustikalen Instrumente lassen sich auf Knopfdruck in Schutzschilde verwandeln. In den Echtzeit-Gefechten werden dann alle Stilarten mit dem Einsatz der Technomancer-Fähigkeiten verstärkt. Aus "Fuchtel-Fuchtel" und "Bumm-Bumm" wird dann "Brutzel-Brutzel".

Zwischen dem Geprügel, Geballer und Geschmurgel in den Städten, Dömen, Höhlen sowie trostlosen Ebenen des roten Planeten entfaltet sich die Geschichte - eine Story um Unterdrückung, Befreiung, brutale Konzernwillkür und jede Menge Verrat, die hier überwiegend in Dialogen dargestellt wird. Die Erzählung ist dabei nicht besonders virtuos geraten - doch das an Kino-Klassiker wie "Dune" oder "Total Recall" erinnernde Wüstenplanet-Szenario bietet zumindest eine nette Abwechslung vom üblichen Fantasy-Einerlei. Davon abgesehen leidet auch "Technomancer" unter den üblichen Problemen des Entwickler-Studios: Die Kontrollen sind hakelig, die Menüs konfus - und die Präsentation der an sich interessanten Mars-Kulisse kosmetisch zu einfallslos geraten. Ausnahme: Die Boss-Kämpfe gegen die gigantischen Mars-Mutationen sind ausgesprochene Hingucker - genauso müssen Endgegner-Gefechte aussehen! Ebenfalls positiv: Anders als in "Bound by Flame" darf sich der Held in den einzelnen Szenarien halbwegs frei bewegen - außerdem wird Held Zachariah immer wieder mit moralischen Fragen konfrontiert, deren Ausgang darüber entscheidet, welche Art von Technomancer er sein will. Gierig und gewissenlos - oder humanistisch? Ergo: "Technomancer" ist ein waschechtes Rollenspiel, und kein Kampfspiel, das sich nur halbherzig als RPG tarnt. Schade dagegen, dass man die Idee oft nur halbherzig umgesetzt hat.