Organisiertes Verbrechen auf Afroamerikanisch: "MAFIA 3"

 

Brutale Gang-Kriege, Rassen-Unruhen, Verfolgungsjagden am Steuer von röhrenden Muscle-Cars und rhythmisches MG-Geknatter zum Sound von James Brown, Elvis Presley oder Steppenwolf: 2K wechselt von der italienischen zur "schwarzen Mafia" und in die Vorstadt-Ghettos der Open-World-Metropole New Bordeaux.

 


 

Für seine ersten beiden "Mafia"-Episoden hat Hersteller 2K vor allem das klassische Mafia-Filmgenre zitiert, für den Nachfolger übernimmt ein Vertreter der seltener thematisierten "Schwarzen Mafia": Vietnam-Heimkehrer Lincoln Clay will zusammen mit der Voodoo-Priesterin Cassandra, "Mafia 2"-Frontman Vito Scaletta und einem ehemaligen CIA-Agenten die fiktive Stadt New Bordeaux erobern. Sein Motiv: Rache.

Dabei wollte Lincoln nach seiner Rückkehr aus dem Krieg eigentlich ein grundanständiges und vor allem friedliches Leben führen: Doch kaum ist er zuhause bei seinem Ziehvater Sammy - dem Anführer von New Bordeaux' "Schwarzer Mafia" - angekommen, wird er wieder in den Strudel des Verbrechens gesogen. Denn Papa hat Schulden beim italienischen Ober-Mafiosi Sal Marcano - und für deren Begleichung muss der kampferprobte Muskelmann Lincoln bei einem Bankraub mitspielen. Der Coup gelingt, doch Marcano hintergeht die Truppe: Lincoln landet mit einer Kopfverletzung im Koma, seine Freunde und Vater Sammy unter der Erde.

Darum will Lincoln jetzt etwas schaffen, das nicht zuletzt deshalb unmöglich erscheint, weil er im Amerika der späten 60er-Jahre durch seinen afroamerikanischen Hintergrund regelrecht stigmatisiert ist: Er will Verbündete gewinnen, um Sal Marcano zu bezwingen. Entsprechend nutzt Entwickler Hangar 13 Lincolns Versuche, zum Chef-Paten aufzusteigen, um die Rassismus-Probleme der Ära zu beleuchten. So ist der "Mafia 3"-Frontmann ein Held, der sich Tag für Tag mit Anfeindungen und Diskriminierung konfrontiert sieht: Will er ein Restaurant oder eine Tankstelle betreten, wird er vor die Tür gesetzt. Auf der Straße schließlich wird er beschimpft, beleidigt und von jedem Gesetzeshüter mit Argusaugen beobachtet: Ein falsches Manöver hinterm Steuer seines Muscle-Cars, und schon hat Lincoln einen ganzen Fuhrpark unter Blaulicht am Heck kleben.

Besonders in den zahlreichen Zwischensequenzen wird die Rassismus-Thematik geschickt aufgearbeitet: Hier erfährt der Spieler viel über die teilweise harschen Einzel-Schicksale der vermeintlich skrupellosen Ganoven - und weil Hangar 13 besonders viel Wert auf eine glaubhafte Mimik sowie detaillierte Gesichter seiner digitalen Akteure gelegt hat, werden hier echte Gefühle vermittelt.




 

 

Ein Detail, das sich gekonnt ins Bild fügt: Auf den ersten Blick ähnelt die frei befahr- und begehbare Mafia-Metropole wie "GTA"-Schauplätze á la "Los Santos" - doch anders als die will New Bordeaux kein Spielplatz für die Experimentier-Gelüste des Gamers, sondern nur eine farbenfrohe Kulisse sein. Eine Kulisse, in der Lincoln an Bord von Rostlauben, coolen Pick-Ups und blank polierten Luxusschlitten zu einem Missionen-Einsatz nach dem anderen kreuzt: Da wollen neue Gang-Mitglieder angeworben, feindliche Schurken verdroschen, Spirituosen-Lager hochgejagt, LKWs geklaut und Drogen-Pakete vertickt werden. Muss Lincoln aus der Deckung heraus mit MG, Schrotflinte oder Pistole gegnerische Wachposten ummähen oder von hinten mit seinem Armee-Messer erdolchen. Und Unterbosse der verschiedenen Mafia-Paten so lange übel zurichten, bis sie ihm seine Mitarbeit anbieten: Dann heißt es "Anheuern" oder "Abmurksen". Wer "abmurkst", der macht direkt Kasse - "Anheuern" dagegen bringt langfristig mehr Geld ein, weil der derart eingeschüchterte Halunke auf Dauer brav in Lincolns "Kriegskasse" zahlt. Und für bare Münze gibt's vor allem eins: Dickere Schießprügel. Die darft sich Lincoln ebenso wie neue Autos oder Geldboten direkt zu seiner aktuellen Position liefern lassen: Je mehr Unterbosse er für seine Sache gewinnt, desto mehr "Laufburschen" bieten ihm ihre Dienste an. Bequem und jederzeit verfügbar über das Waffenrad.

Der Ausbau des eigenen Mafia-Imperiums geht also komfortabel, aber auch reichlich geradlinig vonstatten: Nennenswerte Neben-Questen bietet "Mafia 3" nur wenige - stattdessen wird Stück für Stück und Stadtviertel für Stadtviertel die Story abgearbeitet. Schade nur, dass sich die Entwickler dafür auf die ständig gleichen Missionen-Strukturen stützen - darum verliert die Eroberung New Bordeaux mit der Zeit ein wenig an Fahrt. Trotzdem motiviert die Kombination aus rasanten Auto-Verfolgungsjagden, launigen Deckungs-Gefechten und spannender Geschichte bis zum Ende: Was "Mafia 3" als Open-World-Spiel nicht schafft, das schafft es als Genre-Cocktail. Wer sich gerade auf dem PC mit dem einen oder anderen Bug anfreunden kann und es dem Spiel verzeiht, dass es visuell nicht immer auf gehobenem Niveau feuert, der bekommt mit "Mafia 3" ein großartiges Gangster-Epos, das vor allem mit viel Spiel- und Detailfreude überzeugt.

 



"Mafia 3"

2016, 2K Games, Hangar 13

PS4, Xbox One, PC

ab 18 Jahren