"Metroid" auf Stereoskopisch: "Samus Returns" im Test

 

Alte Heldin im neuen Space-Suit: Frische Fähigkeiten, geniale 3D-Tiefenwirkung und ein immer noch überragendes Spielgefühl machen "Samus Returns" für 3DS zum Vorzeige-"Metroid".

 


 

Wenige Serien der letzten 30 Jahre waren so stilprägend wie Nintendos "Metroid"-Reihe um die galaktische Kopfgeldjägerin Samus Aran: Seit ihrem NES-Debüt 1986 hat die galaktische Dauerfeuer- und Knobel-Expertin den Begriff "Metroidvania" zum geflügelten Wort für eine ganze Spiele-Schule gemacht – und mit der "Metroid Prime"-Reihe haben die texanischen Retro Studios eindrucksvoll bewiesen, dass die Design-Logik dahinter nicht an horizontale Gang-Systeme gebunden ist. Trotzdem stellt der erste und vermutlich auch letzte 3DS-Auftritt der Heldin kein 3D-Abenteuer, wie das bei Fans nur mäßig beliebte "Federation Force" dar, das den Fokus auf Multiplayer-Duelle und Online-Miteinander setzte. Stattdessen besinnt sich Nintendo auf die Wurzeln der Marke und gibt beim spanischen "Castlevania"-Macher MercurySteam ein Remake von "Metroid 2: Return of Samus" in Auftrag.

 

Hier hat man dank "Lords of Shadow: Mirror of Fate" bereits Erfahrung mit seitwärts scrollenden Metroidvania-Welten sowie 3DS gesammelt – und das sieht man "Samus Returns" zum Glück deutlich an: Wie beim "Castlevania"-SpinOff werden viele Momente mit Hilfe cineastischer Kamera-Einstellungen besonders dramatisch in Szene gesetzt, außerdem nutzt man die stereoskopischen Fähigkeiten des Handhelds gerade vorbidlich. Ob Standbild-Sequenz, Intro-Video oder Menü-Bildschirm: die Tiefenwirkung ist verblüffend – sogar die sich hinter der seitwärts wetzenden Samus erstreckenden Hintergründe vermitteln ein Gefühl von Weite und Plastizität, wie man es auf der kleinen 3D-Plattform leider selten zu sehen bekommt.

 



 

Zum Glück vertragen sich Hochglanz-Inszenierung und die zuweilen filmisch geprägte Aufbereitung hervorragend mit der Level- bzw. Design-Logik des Originals, die MercurySteam hier eher als Inspirationsquelle denn starre Vorgabe nutzt: "Samus Returns" ist mit vielen neuen Level-Layouts und zusätzlichen Extras ebenso Neu-Interpretation wie Remake – ein "Metroid 2", das sich seinem Erbe verpflichtet fühlt, uns aber gleichzeitig genau die Sorte Spielerfahrung beschert, die wir von einem modernen Metroidvania-Titel erwarten. Zu alten Bekannten wie dem aufladbaren Schuss, Raketen-Salven, Laser-Greifhaken oder Samus' Fähigkeit, zur Kugel zu "morphen" gesellt sich u.a. eine neue Energie-Form, die unsere Kopfgeldjägerin in verschiedene Anzug-Systeme umleitet, um z.B. ihre Abwehr zu verstärken oder die Umgbung auf zerstörbare Objekte zu scannen. Ebenfalls überarbeitet wurde die Möglichkeit, die Heldin auf Button-Druck "festzustellen", um dann stufenlos und pixelgenau mit ihrem Geschütz zu zielen. Vollkommen neu ist dagegen ein mächtiger Abwehr-Hieb, den unsere Kämpferin ausführen darf, kurz bevor sie von fliegendem, krauchendem oder klauenbewehrtem Alien-Gesocks attackiert wird: Wer für diesen Schlag den perfekten Moment abpasst, der öffnet damit eine Lücke in der feindlichen Deckung und kann den Gegner unmittelbar danach mit einer geschickt platzierten Schuss-Salve umso leichter aus Gefecht setzen.

 

Ausgesprochene "Metroid"-Profis werden vielleicht beklagen, dass der labyrinthische Charakter der vorwiegend unterirdischen Spielwelt diesmal weniger komplex ausgefallen ist – zumal überraschend fair gesetzte Rücksetzpunkte und großzügig verteilte Speicherpunkte den Schwierigkeitsgrad der Stollen-Hatz zusätzlich senken. Trotzdem ist das beliebte Spielsystem, das die Suche nach neuen Fähigkeiten und Anzugs-Accessoires erfordert, um neue Passagen in bereits besuchtem Terrain zu öffnen, nach wie vor intakt: "Samus Returns" mag spürbar einfacher ausfallen als ein "Super Metroid" oder etwa die GBA-Ableger der Serie – aber ein Spaziergang ist es nicht.

 

Darum gilt: Altgediente Samus-Wegbegleiter haben mit dem ersten echten 3DS-"Metroid" genauso viel Spaß wie Serien-Neulinge oder Gelegenheits-Kopfgeldjäger – denn eine ähnlich detailverliebte und trotz aller Neuerungen zutiefst klassische Aufbereitung des Themas dürften sie für viele Jahre nicht mehr zu Gesicht bekommen.