Handliches Comeback: Das "Super Nintendo Mini" im Test


 

Obwohl Nintendo angekündigt hatte, die Liefermenge für sein "Super Nintendo Mini" so weit aufzustocken, dass "kein Interessent leer ausgeht", hat das Remake des 16Biters das gleiche Schicksal ereilt wie seinen ebenfalls miniaturisierten Vorgänger: Es ist ausverkauft und nur noch für teils horrende Preise zu haben – zumindest vorerst. Sollte der Hersteller Wort halten, könnte sich das allerdings spätestens Anfang 2018 erledigt haben – dann soll auch das ebenfalls nicht mehr lieferbare "NES Mini" wieder vom Band laufen. Immerhin teilen sich beide Geräte das gleiche Innenleben, nur Software und Chassis unterscheiden sich – für die Massenfertigung der begehrten Sammlerstücke ein echter Pluspunkt.

 

Wer trotz Waren-Knappheit schon zum Release-Tag am 29. September den Glück hatte, ein Mini-SNES zu ergattern, der hat jetzt ein nur knapp über handtellergroßes Kästchen neben dem Fernseher stehen. Das kommt anders als das NES Mini mit gleich zwei originalgetreuen SNES-Joypads, deren Verkabelung allerdings einmal mehr etwas kurz geraten ist. Zwar sind die Strippen mit 1,38 Meter fast doppelt so lang wie die des NES-Controllers mit seinen 73 cm kurzen Konsolen-Handschellen – aber wer einen großen TV-Schirm sein Eigen nennt und gemütlich von der Couch aus spielen möchte, der wird um den Kauf des rund elf Euro teuren Verlängerungskabel-Doppelpacks (je drei Meter) nicht rum kommen. Es sei denn, er möchte stattdessen ein überlanges HDMI- bzw. USB-Kabel in die Geräte-Rückseite stöpseln und mit seiner Kleinst-Konsole auf Kuschelkurs gehen. Das USB-Kabel dient dabei  wieder mal der Stromversorgung: Einen entsprechenden Strom-Adapter liefert Nintendo leider nicht mit – wer kein USB-Netzgerät frei hat, kann das Kabel aber ebenso gut beim USB-Eingang von z.B. Fernseher, Verstärker oder benachbarten Konsolen einstöpseln.

 

Beim visuellen Design hat Nintendo einen ähnlichen Weg gewählt wie bei der Neuauflage des noch älteren 8-Biters: Bis auf Ein/Ausschalter und Reset-Button erfüllt keines der ins Gehäuse modellierten Elemente einen praktischen Zweck. Sogar die auf der Vorderseite untergebrachten Pad-Anschlüsse sind "Fakes" – denn sie liegen nur auf einer demontierbaren Zierleiste. Die wiederum will abgenommen werden, um Zugriff auf die dahinter liegenden, tatsächlichen Eingänge zu bekommen. Die dabei verwendete Anschlussnorm ist übrigens die gleiche wie bei NES Mini und Wii – darum sind die beiden Classic-Controller-Modelle der Wii auch kompatibel mit NES bzw. SNES Mini. US-Kunden bekommen übrigens eine anderes Gehäuse: Wie beim Orginal-SNES unterscheidet sich das Design der nordamerikanischen Konsole dramatisch von dem in anderen Ländern (siehe Trailer unten).

 

Schade zwar, dass sich die ehemals als Abdeckung des Modulschachts fungierende Klappe nicht tatsächlich nach innen bewegen lässt – aber zweckdienlich wäre ein derartiger Mechanismus nicht. Denn: Wie beim NES Mini enthält das kleine Super Nintendo nur vorinstallierte Spiele – und diese Liste lässt sich höchstens mit Hilfe des vermutlich unweigerlichen folgenden USB-Hacks (einen NES-Hack gibt es bereits) erweitern, wodurch sich neben der Jungfräulichkeit des eigentlich geschlossenen Systems auch sämtliche Garantie-Ansprüch verflüchtigen.

Beim NES Mini waren es noch 30 Spiele-Klassiker, die den Gamer ans Pad gelockt haben – für den Nachfolger hat Nintendo die Liste leider auf 20 gekürzt. Ist aber nicht so wild – denn die bieten naturgemäß mehr Umfang, außerdem sind die meisten auch für heutigen Verhältnisse noch konsumierbar, wohingegen viele Titel aus der NES-Mini-Kollektion dieser Tage noch nur nostalgischen bzw. Games-historischen Wert haben. Damals bahnbrechende Rollenspiele oder Adventures wie "Final Fantasy 3", "Secret of Mana", "Earthbound" und "The Legend of Zelda: A Link to the Past" gehören heute wie damals zur Speerspitze ihres Genres – manche davon offenbaren nach über 20 Jahren sogar Details, die man heute noch mehr zu schätzen weiß als damals. Darunter z.B. die tadellose Räumlichkeit und Plastizität der "Zelda"-Welt – ein ähnlichen souveränen und nachvollziehbaren Umgang mit mehreren auf einem Bildschirm übereinander gelagerten Höhen-Ebenen hat danach kein anderes 2D-Adventure mehr hinbekommen. Auch eigentlich knallharte Baller-Orgien wie "Contra 3" können heute neu entdeckt werden – und das nicht zuletzt aufgrund der komfortablen Emulations-Lösung, die es uns bei jedem Spiel erlaubt, vier individuelle Wiedereintritts-Punkte anzulegen und auch wieder zu löschen. Das gab es schon beim NES Mini – neu ist allerdings die Möglichkeit, das Spiel – ausgehend vom selbst definierten Savepoint – zurück zu spulen, um z.B. einem eigentlich verlorenen Bosskampf eine neue Chance zu geben. Zugegeben: Wer eine Oldie-Lösung wie die "Retron 5"-Konsole besitzt, der ist eigentlich noch mehr Komfort gewöhnt. Die "Retron" fasst neben alten Mega-Drive-Cartridges auch Super-Nintendo- und NES-Module, die daraufhin ebenfalls per Software-Emulation ablaufen – und hier lassen sich wie bei einem PC-Emulator nahezu unendlich viele Rücksetzpunkte definieren. Außerdem kann der Spieler eigene Screenshots anfertigen und per Knopfdruck auf eine schier unerschöpfliche Cheat-Datenbank zurückgreifen, mit der sogar frustige Fingerbrecher wie "Mega Man X" zum Spaziergang werden.

 

Verständlich allerdings, dass Nintendo seine eigenen Spiele und die seiner Lizenznehmer nicht auf diese Weise "entweihen will" – auf dem SNES Mini erscheinen alle Software-Titel wie sie einst von ihren Designern gedacht waren. Wer also damit leben kann, dass einige seiner persönlichen Lieblingsspiele fehlen (ich vermisse z.B. "Chrono Trigger" schmerzlich) und er außerdem auf ein paar Gimmicks verzichten muss, der bekommt mit dem "Super Nintendo Mini" die aktuell beste Gelegenheit, die Hits von einst auf einem modernen Fernseher zu genießen – und das ganz offiziell. Außerdem sind Nintendos Emulationen der Original-Roms bestechend sauber: Wer z.B. "Super Mario RPG"oder "Donkey Kong Country" auf einer Retron 5 oder per PC-Emulator spielt, bei dem leidet die in die Jahre gekommene Render-Grafik oft unter einigen unschönen Grafikfehlern – Nintendo dagegen emuliert beide Spiele-Hits absolut sauber. Außerdem kommt die Klassiker-Kollektion mit einem echten Sammler-Gimmick: Wer den ersten Level von "Star Fox" abschließt, der schaltet damit den Nachfolger frei. "Star Fox 2" geisterte zwar immer wieder in verschiedenen Rom-Versionen durch das Netz, wurde aber niemals offiziell veröffentlicht – ein Versäumnis, das Nintendo hiermit nachholt. Ein genauer Blick auf den Titel entlarvt ihn zwar als überwiegend unspaßige Mixtur aus hektischen Dogfights und frei durchquerbaren Arenen – aber aus Enthusiasten-Sicht ist diese Dreingabe hochinteressant: Neben einigen verblüffend inszenierten 3D-Zwischensequenzen und einer insgesamt überragenden Präsentation offenbart der zweite 16Bit-Auftritt des plüschigen Weltraum-Helden außerdem Parallelen zu Design-Ansätzen aus "Starfox 64" und dem WiiU-Abenteuer der Crew. Hätte Nintendo die spacige Kurverei 1995 in dieser Form veröffentlicht, hätte sie dem Ansehen von Meister Reineke vermutlich geschadet – denn sie hat die Hardware und die 3D-Fähigkeiten des Super Nintendos gnadenlos überfordert, während PlayStation und Sega Saturn bereits mit ihren überlegenen 3D-Fähigkeiten protzten. Trotzdem: Für echte Fans ist bereits diese Ergänzung der Mini-Sammlung die Anschaffung wert. Offenbar wollte Nintendo das vom britischen Studio Argonaut entwickelte Spiel bereits zuvor als Bestandteil seiner "Virtual Console"-Kollektion veröffentlichen – allerdings scheiterte das Vorhaben damals an Schwierigkeiten mit der Emulation des FX-Zusatz-Chips, der damals in beiden "Star Fox"-Modulen steckte.

 

Und zum Schluss noch ein kleiner Tipp: Das SNES Mini unbedingt mit dem Heimkino-Verstärker verbinden!  Schmissige Ohrwürmer und verträumte Melodien wie die aus "Super Castlevania 4" (Masanori Adachi), "Secret of Mana" (Hiroki Kikuta), "Final Fantasy 3" (Nubuo Uematsu) oder "Super Mario RPG" (Yoko Shimomura) sind nicht nur virtuose Kompositionen – sie wurden auch noch so glanzvoll abgemischt, dass sie heute wie damals einen wunderbar dichten Klangteppich weben. Wer die alten Stereo-Klänge außerdem mit einer passenden Schaltung auf Raumklang skalieren kann, bei dem sorgt die Kombination aus zeitlosen Melodien und teils überraschend knackigen Klangeffekten für ein mitunter fantastisches Hörerlebnis – großartig.