Die Rache der Gamer: "Star Wars Battlefront 2"


 

Ein brachialer User-Shitstorm, Morddrohungen an die Entwickler, stornierte Vorbestellungen und Gerüchte zufolge sogar ein erboster Anruf von "Star Wars"-Rechte-Inhaber Disney: Die schnell eskalierte Debatte um  Mikro-Transaktionen im neuen "Battlefront" überschattet die Veröffentlichung des Shooters wie bei keinem anderen Spiel der vergangenen Monate. Dabei bietet der Action-geladene Rundumschlag durch 30 Jahre Sternenkrieg - abgesehen von seiner prominenten Marke - genug Stoff, um auch ohne Ingame-Käufe eine Debatte wert zu sein: Zahlreiche Änderungen beim Multiplayer-Spiel und die neue Singleplayer-Kampagne hinterlassen ein teilweise dramatisch anderes Bild als beim Vorgänger.

Für "Star Wars"-Fans besonders interessant ist dabei der Story-Modus - ein Element, das "Battlefront" helfen soll, mehr als nur eine anonyme Sammlung von Multiplayer-Maps zu sein. Und tatsächlich: Die Geschichte um die imperiale Spezialeinheiten-Anführerin Iden Versio erlebt mit der Inflitrations-Mission an Bord eines Rebellen-Kreuzers einen grandiosen Auftakt, der schließlich in der Schlacht um Endor und der Zerstörung des Todessterns am Ende von Episode 6 gipfelt. Nach diesem Ereignis ändert sich das Weltbild hoch dekorierten Agentin dramatisch: Iden muss miterleben, wie ihr Vater Admiral Version ein Gemetzel unter Zivilisten befiehlt, um die verbliebenen Kolonien des Imperiums durch Furcht am Ausscheren zu hindern. Was folgt, das ist eine weitgehend vorhersehbare Geschichte, die überwiegend mit dem Gameplay und Maps des Mehrspieler-Teils gestaltet wurde. Dabei werden ganze fünf der insgesamt zwölf Story-Abschnitte nicht in der Rolle Versios bestritten - stattdessen schlüpft der Spieler hier in die Kampfstiefel von "Star Wars"-Promis wie Luke Skywalker, Han Solo oder Prinzessin Leia. Leider wurde das Potenzial dieser Helden-Auftritt verschenkt: Für den Fortschritt der Kampagne sind die Promi-Auftritt unwichtig - außerdem nehmen sie Idens Geschichte kostbare "Screen-Time", um sich ordentlich zu entfalten. Übrig bleibt der Eindruck einer Alibi-Kampagne, die weit hinter ihrem Potenzial zurück bleibt und letztlich wenig mehr ist als ein zusätzliches Feature.

Wer dieses "Feature" nach fünf, sechs Stunden abgeschlossen hat, dem bleibt schließlich nur noch das "Arcade"-Spiel, um seine Singleplayer-Gelüste auszuleben: Dieser von Bots bevölkerte Modus tritt an die Stelle der "Missionen" aus dem Vorgänger. Wer die vorgefertigten Szenarien abgeschlossen hat, darf mit Hilfe von einem runden Dutzend verschiedener Parameter außerdem eigene Einsätze entwerfen - einen dazu passenden Level-Editor bringt "Battlefront 2" allerdings nicht mit.

 



 

Wirklich glücklich werden aber nach wie vor solche Spieler, denen der Sinn nach geselliger Imperiums- und Rebellen-Schießbude steht: Obwohl die Entwickler hier von ehemals neun auf gerade mal fünf Baller-Varianten reduziert haben, wird reichlich Action-Abwechlsung geboten - denn von der Reduktion profitieren die drei zentralen Multiplayer-Modi "Galaktischer Angriff" (ehemals "Walker-Angriff"), "Gefecht" (früher "Team Deathmatch") und "Helden gegen Schurken", denen man dafür umso mehr Aufmerksamkeit gewidmet hat. Die ersten beiden bieten große Schlachten auf besonders weitläufigen Maps - darüber hinaus sorgen sich ständig ändernde Missions-Paramenter für ein besonders anspruchsvolles und abwechslungsreiches Spiel-Erlebnis. Bei "Helden gegen Schurken" wiederum übernehmen jeweils vier Spieler die Rollen bekannter "Star Wars"-Größen, die entweder für die helle oder die dunkle Seite der Macht Laser-Schwert beziehungsweise Blaster ziehen. Die volle Breitseite "Krieg der Sterne"-Feeling gibt's aber in den gigantischen Raumschlachten: Sich mit kreischenden Tie-Jäger-Schubdüsen an die X-Flügel eines Rebellen zu heften, während im Hintergrund Sternenzerstörer und Rebellen-Kreuzer aus allen Rohren aufeinander feuern - das ist "Star Wars" pur und sorgt dafür, dass sich Fans direkt in die galaktischen Endekämpfe der Filmklassiker gebeamt fühlen.
 
Denn obwohl sich auch das neue "Battlefront" vor allem an Gelegenheits-Ballermänner richtet, zieht die Inszenierung auch mühelos solche Vorlagen-Fans in ihren Bann, die sonst professionellere Shooter-Kost bevorzugen. Ob man sich nun vor klassischer Kulisse wie Tatooine, Hoth und Endor Zunder gibt oder in neuen Fim-Szenarien à la Naboo, Starkiller-Basis und Kashyyyk das Feuer eröffnet - so viel dicht gerendertes und stimmungsvoll beleuchtetes "Star Wars"-Ambiente gab's noch nie. Gerade Besitzer aktueller Konsolen-Modelle wi PS4 Pro oder Xbox One X kommen in den Genuss eines fast schon rekordverdächtigen Detail- und Effekt-Spektakels. Ausgesprochene Solisten sollten sich trotzdem gut überlegen, ob sich der Kauf lohnt, denn abgesehen von einem enttäuschenden Singleplayer-Modus gibt es für sie nur wenig zu tun. "Star Wars Battlefront" ist und bleibt eine Multiplayer-Domäne.

Ob man sich allerdings mit dem Gedanken anfreunden kann,für die Entwicklung der eigenen Helden auch hin und wieder die Kreditkarte zu zücken, das bleibt den persönlichen Spieler-Präferenzen überlassen. Aktuell hat Electronic Arts die Ingame-Käufe abgeschaltet - wie sich die Echtgeld-Investitionen künftig auf die Spiel-Balance auswirken werden, ist noch unbekannt. Alternativ können die zur Charakter-Entwicklung nötigen "Meilensteine" und virtuellen Trading-Cards ("Starcards") ebenso wie optionale Spielfiguren auch erballert werden - aber das dauert.

Was bleibt, das ist eine Inszenierungs-Bombe mit viel Fan-Service, die aber leider noch immer nicht ganz das "Star Wars"-Erlebnis beschert, das man sich erhofft hat. Als Generationen-umspannendes Figuren- und Schauplatz-Crossover funktioniert "Battlefront 2" hervorragend - aber der Sternensaga einen erwähnenswerten Eintrag hinzufügen, wie es zum Beispiel ein "Knights of the Old Republic" geschafft hat, kann es nicht.