Horror-Haus mit Warteschleife: Black Mirror


 

Alte Schlösser, dunkle Mysterien, aufdringliche Gespenster und dazwischen überraschend wenige Kopfnüsse: Der deutsche Adventure-Experte King Art ("The Book of Unwritten Tales") verpasst dem modernen Point'n'Click-Klassiker "Black Mirror" ein spukiges Reboot. Das verwendet statt vorberechneter 2D-Hintergründe eine zeitgemäße 3D-Kulisse, versucht sich an einer Film-artigen Inszenierung à la Telltale und streut behutsam Quicktime-Events ins sonst eher bedächtige Spielgeschehen. Aber wird die neue Gangart dem großen Vorbild gerecht?

Im Zentrum der mit Grusel-Elementen aufgeladenen Mystery-Geschichte steht wieder ein junger Abkömmling der Gordon-Sippe: Wie im Vorbild reist der Spross der uralten Adelsfamilie nach Großbritannien, um dort sein Erbe anzutreten - das wuchtige Spukschloss "Black Mirror". Anders als das Original von Future Games ist die neu erzählte Geschichte allerdings nicht in den 1980ern, sondern den 20er-Jahren angesiedelt. Handlungs-Eckpfeiler und Atmosphäre bleiben den Fans trotzdem erhalten – auch wenn an die Stelle von des von Johnny-Depp-Sprecher David Nathan vertonten Samuel nun der etwas steifere David Gordon tritt.
Ebenfalls überzeugen kann das im Stil der spätviktorianischen Ära gehaltene Interieur des Schlosses, dem Entwickler King Art einen angenehm schmuddeligen und baufälligen Look verpasst hat. Denn die alte, schottische Burg hat ihre besten Jahre schon lange hinter sich - ebenso wie Davids verbliebene Verwandte und das Personal. Die sind nämlich allesamt chronisch schlecht gelaunt und lassen den neuen Hausherrn kontinuierlich im Dunkel tappen.

 



 

Also muss sich David auf eigene Faust durch die Korridore, Säle und Katakomben des Gordon-Anwesens arbeiten: Das wird diesmal allerdings nicht Klick für Klick erforscht, stattdessen steuert man den Helden eher nach Art eines Action-Adventures und vergleichsweise direkt durch die sparsam beleuchtete Kulisse – vor allem auf Konsole und mit dem Joypad. Will man dabei Teile der Einrichtung näher in Augenschein nehmen, wechselt die Kamera in die Ego-Perspektive und kann danach leicht eingeschwenkt werden, um zum Beispiel auch die Seiten eines Möbelstücks zu untersuchen. Auf diese Weise löst David einige Kombinations-Puzzles, entdeckt doppelte Böden in Schubladen oder komplettiert Modellbauten. Anspruchsvolle Point'n'Click-Spieler werden dabei allerdings den fast schon chronischen Rätselmangel beklagen: Das Gros der Denkarbeit wird dem Spieler vom Programm abgenommen - er selber ist vor allem mit Orientierung, Hotspot-Suche und einigen simpeln Quicktime-Geschicklichkeitstests beschäftigt.

 

Obwohl sich King Art alle Mühe gibt, mit der neuen Art der Inszenierung auch die Stimmung des Abenteuers zu intensivieren, leidet durch die eigenwillige Kameraführung vor allem die Übersicht: Bis man sich im Spukschloss der Gordons halbwegs zurechtfindet, vergeht viel Zeit – zumal vor fast jedem Raum-Wechsel eine frustrierend lange Laudepause den Spielfluss ins Stocken bringt. Echte Grusel-Stimmung kommt dabei nur schwerlich auf. Ausgesprochene Geschmacksache ist dagegen King Arts neue Herangehensweise an die "Black Mirror"-Geschichte: Fans werden vielleicht beklagen, dass die neu interpretierte Schauermär spürbar geradliniger ist als das Vorbild – "Black Mirror"-Neulinge dagegen werden sich an dem frischen und stärker folkloristisch aufgeladenen Story-Dreh kaum stören.

Übrig bleibt ein zähflüssiges Spielerlebnis, das seine spannende Geschichte unter zu vielen Bugs sowie unscheinbaren 3D-Kulissen versteckt und nach nicht mal zehn Stunden in einen wenig überraschenden Höhepunkt mündet. Schade um das Potenzial – mit etwas mehr Entwicklungszeit hätte aus dem unfertig wirkenden "Black Mirror" vermutlich eine würdigere Neuauflage werden können.