Trotzdem erfolgreich: "PUBG" auf Xbox One


 

Allein oder als Quartett gegen die Horde: In "Player Unknown's Battlegrounds" toben sich hundert Spieler in einer anfänglich riesigen Insel-Arena aus, die alle paar Minuten kleiner wird. Mit Bratpfannen, Nudelhölzern, Macheten und großkalibrigen Geschossen. Bis nur noch ein Spieler oder ein Team stehen. Mit über zwölf Millionen aktiven Gamern auf dem PC ist das nach Independent-Konzept entwickelte "PUBG" längst in aller Munde - jetzt trifft es auf der Xbox One ein. Aber kann die durch Steam-Community und Twitch-Übertragungen groß gewordene Schießbude auch auf Konsole punkten?

Ein ruckeliger Fallschirmabsprung über dem Kriegsschauplatz. Unten angekommen die erste Orientierung, dann ein gehetzter Sprint über Felder und durch die verlassenen Straßenzüge einer Kleinstadt. Während man in den kaputten Behausungen nach Waffen, Munition und anderer Ausrüstung stöbert, fallen draußen Schüsse. Dann die erste Textnachricht: "Spiel-Gebiet wird in drei Minuten kleiner". Ein kurzer, verständnisloser Blick auf die Übersichtskarte. Egal, wird schon nicht's sein - einfach weitermachen. Dann die nächste Überraschung: Gerade hat man mit Machete und Bratpfanne den ersten Angreifer niedergestreckt, da brummt plötzlich ein Flugzeug über die Stadt und lässt unter viel Getöse einen Bombenteppich niedergehen. Schnell in die Deckung des nächsten Gebäudes gerettet und knapp überlebt.

Tatsächlich erfolgt das jähe Ableben weder durch Bomben- noch Kugelhagel: Die angekündigte "Verkleinerung des Spielgebiets" ist es, die das unrühmliche Ende der Partie einleitet. Auf einmal rasselt die Energie-Anzeige des Helden ins Bodenlose - angegriffen von einer unsichtbaren Kraft. Ergebnis: Rang 78.

Beim nächsten Mal also anders: Direkt nach der Fallschirmlandung hinter das Steuer eines im Kornfeld geparkten Buggies klemmen. Danach das Gaspedal durchdrücken und in Richtung des Gebietes steuern, das auf der Karte mit einem Kringel gekennzeichnet ist. Der wird alle paar Minuten kleiner und schränkt das schadlos begehbare Terrain dabei zusehends ein. Die Fluchtauto-Taktik funktioniert überraschend lange, doch am Ende steht ein tödlicher Denkfehler: Vor lauter Fahrerei hat man die eigene Ausrüstung vernachlässigt und steht schließlich bis an die Zähne bewaffneten Feinden gegenüber. Immerhin: Diesmal hat's für Rang 14 von 100 gereicht - gar nicht schlecht!

 



 

Nein, in diesem Spiel bekommt man nichts geschenkt. Und das gilt für die größtenteils krude Inszenierung ebenso wie für das Einsteiger-unfreundliche Konzept, dessen Grundpfeiler jeder Spieler in mühseliger Eigenarbeit entdecken muss. Trotzdem strömen seit Veröffentlichung der Early-Access-Version auf Steam Millionen Spieler auf die Server des Multiplayer-Spektakels. Um sich inmitten detailarmer Grafik-Kulissen zu verschanzen, aus matschigen Textur-Deckungen heraus das Feuer zu eröffnen oder sich mit gezückten Küchen-Geräten auf einen von 99 Angreifern zu stürzen. Dass die kunterbunte und Bug-gebeutelte Knallerei wider aller Wahrscheinlichkeit so gut ankommt, ist ihrem Community-Faktor zu verdanken: "PUBG" ist kein am Marketing-Reißbrett geplantes Blockbuster-Konstrukt. Stattdessen handelt es sich wie bei so vielen modernen Multiplayer-Erfolgen um ein Projekt, das aus der Community heraus gewachsen ist.

Nicht umsonst wird der Titel dieser eierlegenden Mehrspieler-Wollmilchsau vom Namen ihres Machers getragen: "Player Unknown" - das ist das Online-Synonym des bekannten Multiplayer-Profis Brendan Greene, der bei "Player Unknown's Battlegrounds" seine ganz persönliche Vision eines "Battle Royal"-Gemetzels umsetzt. Eines in diesem Falle reichlich ungeschliffenen Scharmützels: Es ruckelt, zuckelt, pixelt und "lagged" - aber was bei professionellen Vollpreis-Produktionen für ausgewachsene Shit-Storms sorgen würde, das provoziert beim durchschnittlichen "PUBG"-Spieler allenfalls ein Schulterzucken. "Unperfektion" ist hier Programm - und sie macht einen wesentlichen Teil des Charmes aus. Ein Charme, von dem gerade Streamer, Let's-Player und andere "Vorspieler" profitieren, wenn sie ihre eigenen "PUBG"-Partien durch den digitalen Äther schicken. Und den Rest der spielenden Welt daran teilhaben lassen, wie sie sich zusammen mit anderen "PUBG"-Spielern in Badezimmern verbarrikadieren oder kurz vor dem Sieg niedergemäht werden, weil sich das Fahrwerk ihres Jeeps in einem Grafik-Bug verkeilt hat. Daraus entsteht die Sorte teils urkomischer Geschichten, die gerade für Twitch-Streamer das Salz in der Suppe sind und die Zuschauer dazu motivieren, ebenfalls aktive Mitglieder des "PUBG-Phänomens" zu werden. Hinzu kommt, dass der Ausnahme-Titel weitgehend ohne "Down-Times" auskommt: In Multiplayer-Ballereien wie "Call of Duty" sterben die meisten Gamer im Sekunden-Rhythmus - und zwischen diesen kurzen Action-Phasen stehen oft minutenlange Wartepausen, in denen man auf den Wiedereintritt ins Spielgeschehen oder den lähmend langsamen Aufbau eines neuen Matches wartet. Gerade weil "PUBG" dieses für Live-Streams im Netz schleichende Gift so effektiv bekämpft, ist es als Community-Gaudi erfolgreich: Die meisten Partien sind vergleichsweise lang - und nach dem Ableben ist der Beginn einer neuen nur eine Sache von Sekunden.

Darum wird die Schießbude von "Player Unknown" auch auf der Xbox ihren Weg machen. Ganz gleich, wie viele Performance- und Grafikschnitzer das Spielvergnügen aktuell noch trüben. Die haben auch das PC-Original nicht aufhalten können - und das läuft trotz anfänglicher Probleme mittlerweile angenehm rund.