Was ist das eigentlich – ein "gutes Spiel?

Was macht eigentlich Spaß? Und wie macht man daraus ein Spiel? Gibt es so etwas wie eine allgemeingültige "So wird alles gut"-Formel für das Spiel-Design? Zuverlässige Mechanismen, mit denen ein Entwickler dafür sorgen kann, dass sein Produkt auf jeden Fall gemocht und gekauft wird? elektrospieler auf der Jagd nach dem "guten Spiel".

Ob beim VR-Genuss, mit Singstar-Mikros oder beim Retro-Flashback: Was als gutes Spiel empfunden wird, ist zwar individuell verschieden – aber trotzdem gibt es einigen allgemeingültige Regeln, die sich Entwickler zunutze machen.
Ob beim VR-Genuss, mit Singstar-Mikros oder beim Retro-Flashback: Was als gutes Spiel empfunden wird, ist zwar individuell verschieden – aber trotzdem gibt es einigen allgemeingültige Regeln, die sich Entwickler zunutze machen.

 

Wer eine journalistische Ausbildung in der Spiele-Branche genießt, der wird vermutlich früh dazu angehalten, bei Vor- und Nachteilen eines Test-Kandidaten genau zu differenzieren. Dem Chefredakteur dabei mit platten Phrasen wie !Die Grafik ist schön" zu kommen, ist keine gute Idee. Ein bisschen genauer soll der angehende Redakteur schon werden: Was genau ist denn so "schön" daran? Ist die Kulisse besonders stimmig? Oder haben die Künstler durch eine klug gewählte Farbpalette eine einzigartige Stimmung geschaffen? Ist das visuelle Design besonders einfallsreich und ungewöhnlich?


Unerfahrenen Journalisten fallen derartige Unterscheidungen erfahrungsgemäß schwer, darum lernen sie diesen Vorgang idealerweise Schritt für Schritt. Unter den Argus-Augen ihres Chefredakteurs oder des Text-Chefs.


Doch mit der Ratlosigkeit darüber, was ein gutes Spiel eigentlich ausmacht, sind sie nicht allein: Bevor angehende Entwickler lernen, wie sie ihr eigenes Spiele-Projekt auf die Beine stellen, müssen sie die Produkte anderer analysieren. Lernen, wie man die unterschiedlichen Stilmittel identifiziert und in welche Einzelteile sich ein Spiel aufbröseln lässt. Die einfachste Form der Aufteilung wird bis heute von den meisten Medien verwendet: Wie "gut" ist die Grafik, und wie ist es um die akustische Komposition bestellt? Was hält der Autor von Steuerung, Interface-Design oder "Spielspaß"? Der letzte Faktor erscheint dabei besonders abstrakt: Was macht wem Spaß – und warum? Während bei Grafik, Sound & Co. auch immer technische Faktoren eine wichtige Rolle spielen, da lässt sich der Spaß am Spielen kaum auf eine Formel runter brechen. Oder vielleicht doch?

 


Von der Kritik hochgelobte Games im letzten Jahr waren "Super Mario Odyssey", "Assassin's Creed Origins" und "Zelda: Breath of the Wild". Aber nach welchen Kriterien werten Journalisten eigentlich – und wie vermitteln sie die ihren Lesern?
Von der Kritik hochgelobte Games im letzten Jahr waren "Super Mario Odyssey", "Assassin's Creed Origins" und "Zelda: Breath of the Wild". Aber nach welchen Kriterien werten Journalisten eigentlich – und wie vermitteln sie die ihren Lesern?

MDA

Während Journalisten und Konsumenten schon seit Jahren darüber diskutieren, ob sich die Qualität eines kreativen Produkts sezieren und beziffern lässt, da sieht manch ein Entwicklungs-Profi die Sache überraschend nüchtern: So erklärt uns IO's Chef-Producer Christopher Schmitz mit fast schon mathematischer Präzision, wie ein Spiel aufgebaut ist. Und was dabei warum Spaß macht. "Es geht vor allem darum, dass die Qualitätsstandards erreicht werden, die der Kunde erwartet", leitet der ehemalige Bluebyte- und "Anno"-Producer ein. "Natürlich sind Grafik und Präsentation dabei nicht alles. Wichtig ist hier in erster Linie, dass sie nicht billig oder unproffessionell wirken. Viel schwerer wiegen da schon die Anforderungen an das Game-Design und die 'Usability'. Wie kommt der Spieler mit dem Produkt klar? Versteht er, um was es geht?  Was ist der Kontext, was das Ziel? Und wie kommt er dahin?"

Bevor Schmitz weiter ins Detail geht, erklärt er ein unter Entwicklern verbreitetes Denk- und Design-Modell: Die bekannte "MDA"-Theorie wurde auf dem Game-Design- und Tuning-Workshop der Game Developers Conference in San Jose (2001 bis 2004) entworfen und soll dabei helfen, die Struktur eines Spiels zu verstehen. Dabei ist "MDA" in drei Schichten unterteilt: Ganz unten schlummert das Regelwerk des Spiels – eine Ansammlung unterschiedlicher "Mechanics" oder Mechanismen ("M"). Laut Schmitz geht es dabei "um Objekte, die miteinander in Aktion treten". Wird dieses Regelwerk durch das Eingreifen des Spielers aktiv, dann ergibt sich daraus eine Dynamik ("D") – die zweite der drei Schichten. Darüber angesiedelt ist die Ebene der "Aesthetics" oder Ästhetik ("A"): Hierunter verstehen Entwickler solche Impulse, die nicht nur für den Spieler, sondern auch für äußere Betrachter wahrnehmbar sind, also Grafik- und Sound-Kulisse. Zur weiteren Veranschaulichung wendet Schmitz das Ebenen-Modell auf ein Automobil an: "Die 'Mechanics', also das Regelwerk des Spiels, die stecken unter der Motorhaube. Üblicherweise sehen weder der Fahrer noch Passanten, was sich darunter verbirgt. Sie sind die Sache des Ingenieurs, des Entwicklers. Das Auto an sich und sein Fahrverhalten sind dann Ebene 2, die 'Dynamics'. Das Fahrverhalten ergibt sich zwar aus dem, was unter der Motorhaube passiert, aber anders als die 'Mechanics' ist es für den Fahrer oder Spieler erfassbar, wenn er hinter dem Lenkrad sitzt. Die 'Aesthetics' wiederum – also das Design und die Lackierung des Wagens – die lassen sich auch durch die Betrachter erfahren, die das Auto vorbeifahren sehen und nicht selber hinter dem Steuer sitzen."

 


"ES GEHT VOR ALLEM UM DIE EINHALTUNG VON QUALITÄTS-STANDARDS"

(Christopher Schmitz, IO Interactive)


Player Abilities

Aber wie lässt sich das auf ein Game anwenden? Beispiel "Super Mario Odyssey": Für Designer ist der kleine Klempner lediglich ein Objekt. Ebenso wie das Gumba-Monsterchen, auf das er gleich springt. Oder der Schildkrötenpanzer, den er vor sich her kickt. Bis der Spieler diese Aktionen nicht tatsächlich auslöst, ist der Regelmechanismus abstrakt und starr. Und genau hier greift Schmitz’ nächste Erklärung: Wie der Spieler das Regelwerk anwendet, das ist Teil seiner "Player Ability", also seiner Fähigkeiten. Und die entwickeln sich idealerweise während des Spiels allmählich weiter. "Das Spielsystem soll dem User nach und nach beibringen, was er tun muss, um erfolgreich zu sein", erläutert der langjährige Producer. "Und ihm vermitteln, welche 'Player Abilities' er dafür benötigt. Das muss ein gutes Spiel unbedingt hinbekommen, das ist eine der wichtigsten Qualitätsanforderungen überhaupt. Nehmen wir mal an, wir haben einen Ego-Shooter, der Dir von Anfang an alle verfügbaren Waffen in die Hand gibt. Und alle Gegner, die das Spiel aufzubieten hat, die kommen bereits im ersten Raum auf Dich zugestürmt. Resultat: Du bist nach wenigen Sekunden tot und extrem unbefriedigt. Da kann das Ding noch so gut aussehen, das wirst Du ihm so schnell nicht verzeihen."

Nun gibt es aber bekannte Spiele, die aus genau diesem Fehler eine Tugend machen: Titel wie Froms "Bloodborne" oder die "Dark Souls"-Reihe schreiben sich die gezielte Spieler-Folter als Design-Feature auf die Fahne. Und werden dafür von ihren Fans umso mehr geliebt. Phänomenale Erfolge feiern sie aber trotz all des Presse- und Community-Lobs nicht: So hat sich das von der ersten Sekunde an bockschwere "Bloodborne" laut  vgchartz.com bis heute nur knapp drei Mio. mal verkauft – gemessen an den Produktionskosten eines derartigen AAA-Titels kann man der Dämonenhatz also höchstens einen Achtungs-Erfolg attestieren. Spiele dagegen, wie Schmitz sie beschreibt, die werden nicht in erster Linie für den harten Kern oder die Journalisten-Lobby entwickelt. Sie sind für die breite Masse. Für zehn Millionen oder mehr potentielle Kunden, die bereit sind, Geld und Freizeit in ein Produkt zu investieren, das sie vor allem stressfrei unterhalten soll.
 

"Idealerweise sollte Dich der Ego-Shooter aus unserem Beispiel zuerst in einen Raum ohne Gegner führen", führt Schmitz weiter aus. "Vielleicht musst Du Dich beim ersten Kampf mit den bloßen Fäusten wehren, und erst danach bekommst Du eine Waffe. Sobald das Spiel registriert hat, dass Du die dafür nötige Player Ability entwickelt hast. Dann wird es Dich Schritt für Schritt an stärkere Wummen heranführen und mit gemeineren Gegnern konfrontieren. Das alles sind die sogenannten 'Game Loops': Die bestehen jeweils aus 'Objective' (Ziel), 'Challenge' (Herausforderung) und 'Reward' (Belohnung). Spiele setzen sich aus Macro-, Medium- und Micro-Loops zusammen. In 'Anno 1404' den Kaiserdom bauen zu müssen, das ist eine Macro-Loop. Die dafür nötigen Produktionsketten in Gang zu bringen, das ist die dazu passende Medium-Loop. Die Belohnung oder 'Reward', das ist der Erhalt der Ressourcen, die Du für den Bau des Doms benötigst.“

Aber was an einem solchen Beispiel macht jetzt wirklich Spaß? Was empfindet der Gamer als gutes Spiel? Schmitz erklärt: "Ein Spiel macht grundsätzlich dann Spaß, wenn der Spieler versteht, was er machen soll und es ihm darüber hinaus angemessen präsentiert wird. Es geht immer um die Kombination aus Objective, Challenge und Reward. Wobei die Challenge wiederum aus der Kombination von 'Obstacle' (Hindernis ) vs. 'Player-Ability' besteht. Wenn diese Rezeptur harmonisch aufgeht, und wenn der Spieler dabei weder über- noch unterfordert wird, dann hat er Spaß."

 


Wenden sich gezielt von etablierten Spielspaß-Formeln ab, um so hart wie möglich zu sein: From-Software-Titel wie "Dark Souls 3" (links) oder das PS4-exklusive "Bloodborne" (rechts). Kolossale Verkaufserfolge sie dabei allerdings keine.
Wenden sich gezielt von etablierten Spielspaß-Formeln ab, um so hart wie möglich zu sein: From-Software-Titel wie "Dark Souls 3" (links) oder das PS4-exklusive "Bloodborne" (rechts). Kolossale Verkaufserfolge sie dabei allerdings keine.

Spaß-Gattungen

Auch Prof. Dr. Martin Leissler kennt das MDA-Modell und die Dokumente, aus denen es stammt. Der Games-Dozent von der Hochschule in Darmstadt war vor allem zur frühen Heimcomputer-Zeit als Entwickler aktiv, heute bringt er dem Nachwuchs bei, was Spaß macht. "Was der Spieler als attraktiv empfindet, das verändert sich im Laufe der Jahre stark", leitet er ein. "Früher z.B. erfuhr ein Produkt oft schon allein dadurch genug Hype, dass es ein Spiel war! Und weil es Dir dabei irgendeine Art von Geschicklichkeitstest oder anderem Kompetenzbeweis abverlangt hat."

Weil die Sache heute etwas komplizierter geworden ist, stützt sich Leissler für den Unterricht u.a. auf das Konzept der "eight kinds of fun" – also acht unterschiedlicher Sorten von Spaß. Ein Gedankenmodell übrigens, das aus den selben Design-Dokumenten stammt wie das MDA-Rezept von Christopher Schmitz. Zu diesen Spaß-Sorten gehört auch "Sensation: Game as a sense-plasure". Will heißen: Solche Spiele, die allein durch ihr umwerfend gutes Aussehen bestechen. Und dabei derartige Wohlfühl-Impulse aussenden, dass die Spiel-Erfahrung fast schon etwas Meditatives hat. Beim Spaß-Faktor "Fantasy" schließlich geht es nicht notwendigerweise um Axt-schwingende Zwerge, dralle Elfen-Dinger oder weißhaarige Hexer. Gemeint ist vielmehr der Aspekt, den Spiel-Designer als "Game as a make-believe" bezeichnen. Es geht darum, eine konsistente und glaubwürdige Bildschirm-Realität zu erschaffen, in der ein Spieler regelrecht versinken kann. Die meisten Rollenspiele und Adventures fallen in diese Kategorie. Allerdings gehört ein Geralt von Riva nicht allein in die Fantasy-Sparte – auf den Hexer-Helden passen auch die Kategorien "Sensation" und "Narrative". Bei Letzterer geht es vor allem um die Sorte Spannung, die aus einer gut geschriebenen Geschichte entsteht.

"Game-Designer sollten sich immer darüber im Klaren sein, in welche Kategorien ihr Spiel gehört", erklärt Leissler. "Nur wer weiß, welche Art von Spaß er dem Spieler vermitteln will, der wird dabei auch Erfolg haben. Als unterhaltsam und gut wird der Spieler das Endprodukt am ehesten empfinden, wenn der Entwickler seine Mechanismen und das Spielumfeld entsprechend gestaltet hat."

 


"EIN SPIEL MACHT DANN SPASS, WENN DER SPIELER ES AUCH VERSTEHT"

(Christopher Schmitz, IO Interactive)


Der gute Geschmack

Wie schwierig es sein kann, hierfür genau die richtige Rezeptur zu finden, das weiß auch Jan Klose. Der Deck13-Mitgründer und Creative Director glaubt nämlich, dass gerade der individuelle Geschmack des Kunden darüber entscheidet, ob er einen Titel annimmt oder nicht. "Und den Geschmack stimuliert man vor allem über den Inhalt", vermutet Klose. "Über die Charaktere, die Geschichte und die Spielwelt. Und das ist nun mal vor allem eine Frage des Geschmacks, nicht der Mechanik. Man kann fast jedes Spiel entweder im Mittelalter oder aber in ferner Zukunft ansiedeln, ohne dass man die Spielmechanik dafür wesentlich verändern muss."

Stimmt. Ubisofts "Assassin’s Creed"-Reihe hat’s vorgemacht: Der Kraxel- und Lauf-Parcours findet zunächst im Morgenland des zweiten Jahrhunderts statt, entführt uns danach ins venezianische Italien und ein paar Teile später ins Bürgerkriegs-gebeutelte Amerika. Anschließend geht’s in die Piraten-verseuchte Karibik, in das Paris zur Zeit der Revolution, danach  ins verruste, früh-industrielle London von 1868 und schließlich das Ägypten der ptolemäischen Ära. Der Schauplatz ändert sich also, aber die Spielmechanik bleibt bis auf dezente Änderungen gleich.

"Natürlich kann eine Serie bei einem derartigen Szenario-Wechsel auch Kunden verlieren", meint Klose. Und wieder "Assassin’s Creed": Von "Black Flag" hat Ubisoft ca. 15 Mio. Einheiten verkauft, das Piraten-Szenario um Kenway, Blackbeard & Co. hat also einen Nerv getroffen. Seitdem stößt die Serie auf ungewohnt viel Kritik: Von "Unity" sind nur etwa halb so viele Spiele über den Tisch gegangen wie beim Vorgänger. Gemeinhin wird die schwächere Verkaufs-Performance des meuchlerischen Franzmanns mit der damals noch schwächeren Verbreitung von Next-Gen-Konsolen in Verbindung gebracht. Auch die starke Bug-Belastung des Spiels gilt als wesentlicher Grund. Aber vielleicht hat Parkour-Sport über den Dächern von Paris den Geschmack der Zielgruppe einfach nicht so genau getroffen wie Kanonendonner und Schatzsuche in der Karibik?

 


Unsere Gesprächspartner für diesen Beitrag: Deck13-Chefentwickler Jan Klose, Produktions-Profi Christopher Schmitz (IO Interactive, davor Quantic Dream und Ubisoft Bluebyte), die Games-Bloggerin Luana Ferreira.
Unsere Gesprächspartner für diesen Beitrag: Deck13-Chefentwickler Jan Klose, Produktions-Profi Christopher Schmitz (IO Interactive, davor Quantic Dream und Ubisoft Bluebyte), die Games-Bloggerin Luana Ferreira.

"NATÜRLICH KANN EINE SERIE BEI EINEM SZENARIO-WECHSEL KUNDEN VERLIEREN"

(Jan Klose, Deck 13)


Was gemocht wird

"Was gemocht wird, das hängt immer stark mit dem jeweiligen Zeitgeist zusammen", führt Klose weiter aus. "Nimm nur James Bond: Der lustige und charmante Gadget-Typ, den 007 früher darstellte, der funktioniert nicht mehr. Jetzt brauchst Du eher einen brutalen und dreckigen Antihelden als einen Helden. Darum funktioniert auch Daniel Craig so gut. Damit will ich sagen: Inhalte müssen sich mit dem Geschmack der Kunden transformieren, sonst werden sie von der Zeit überholt."

Dann grenzt der Designer seine vorherige Ausführung vorsichtig ein: "Natürlich lässt sich nicht jede Spielmechanik beliebig auf jedes Setting anwenden, ohne dass man nicht zumindest einige Anpassungen vornimmt. Ein gutes Spiel zeichnet sich auch immer dadurch aus, dass Mechanik und Erzählung schön ineinandergreifen. Das Regelwerk muss der Figur entsprechen. Die 'Batman'-Spiele von Rocksteady funktionieren deshalb so gut, weil deren Batman genau das macht, was man eben von Batman erwartet. Er ballert sich per Greifhaken von Dach zu Dach, gleitet mit wallendem Flügel-Cape durch Gothams Häuserschluchten und verschnürt hilflose Schurken, um sie dann von einem Wasserspeier baumeln zu lassen. Genau das will der Spieler in einem 'Batman'-Game sehen!"

 


"MECHANIK UND ERZÄHLUNG MÜSSEN INEINANDERGREIFEN"

(Jan Klose, Deck 13)


Weiß der Spieler, was er will?

Aber woher weiß man, was dem Spieler aktuell gefällt? Hier kommen wir laut Christopher Schmitz in den Bereich der Marktforschung. Denn dass eine simple Spieler-Befragung allein nicht reicht, das verrät uns das Gespräch mit Luana Ferreira: Die 24jährige Studentin und Vollblut-Zockerin schart ein begeistertes Gefolge um sich, indem sie zockt, blogt und zeichnet. Für die Vermittlung ihrer Nerd-Kompetenz betreibt Luana Websites und Facebook-Pages, außerdem bitten viele hobbyistisch betriebene Spiele-Seiten immer wieder um ihre Unterstützung. Kurzum: In der Community ist sie bekannt wie der vielzitierte bunte Hund. Trotzdem tut sich auch Luana sichtlich schwer damit, ihre spielerischen Präferenzen und ihren Geschmack in Worte zu fassen: Besonders angetan haben es ihr Multiplayer-Spiele, doch gleichzeitig schätzt sie die Sorte Atmosphären-Teppich, den Singleplayer-Erfahrungen wie ein "Uncharted" oder "Watch Dogs" weben. In beiden Titeln haben es ihr die Hauptfiguren angetan. "Man muss die Vergangenheit des Helden kennenlernen und dadurch seine Gegenwart verstehen können", meint Luana. Dann fällt ihr noch ein, dass sie solche Titel vorzieht, die ihr eine umfangreiche Kampagne bieten. Mindestens zwölf Stunden müssen es sein, sonst lässt Luana den Geldbeutel stecken. Wie bei "Halo 5": Hierfür wollte sich die Zockerin eigentlich eine Xbox One kaufen, doch die Berichte über die zu kurz geratene Kampagne haben sie zum Umdenken bewegt.

Doch warum ihr welche Kampagne und welche Atmosphäre gefallen, das weiß Luana nur schwer zu definieren. Und daraus kann man ihr kaum einen Vorwurf machen: Gamer haben es nicht gelernt, das Spielerlebnis zu sezieren und zu definieren. Dafür gibt es Designer und Journalisten. Das Problem dabei: Die müssen den Geschmack des Kunden verstehen und richtig deuten, ohne das der selber so genau weiß, was er eigentlich will. Denn am Ende des Tages geht es nicht um Formeln, Design-Modelle oder Theorien, sondern um seinen Geschmack. Und der ist leider unberechenbar. Genauso wie die Suche nach dem "guten Spiel".

 

(Robert Bannert)