Heldenhafter Familienausflug: "LEGO: Die Unglaublichen"


 

Als Disney und Pixar 2004 "Die Unglaublichen" ins Kino brachten, gab es noch keine Marvel- und DC-Filme am Fließband - gute Superheldenkost war abseits von Comics Mangelware. 14 Jahre später werden die "Unglaublichen" endlich fortgesetzt - und trotz Superhelden-Schwemme fühlt sich die Pixar-Version der Materie noch immer frisch an. Denn im Mittelpunkt der "Incredibles" stehen nicht die Super-Identitäten von "Mr. Incredible", Partnerin "Elastigirl" oder Sohn "Flash", vielmehr geht es um das bürgerliche Leben hinter den Kulissen. Um Bob, Helen und ihre Kinder - die Familie "Parr". Die Games-Umsetzung von TT Games und Warner lässt diesen Teil leider weitgehend aus, thematisiert werden vor allem die Helden und ihre Einfügung in den Bauklotz-Kosmos von LEGO. Das gelingt allerdings so charmant und humorvoll, dass man es dem Spiel kaum übel nehmen kann, dass es die Vorlage vor allem für Kalauer, Action und einige seichte Puzzles nutzt.

Denn wie für die LEGO-Games der Briten üblich, sucht man vor allem nach Bausteinen, um sie anschließend in abenteuerliche Konstruktionen zu verwandeln. Nacherlebt wird dabei in erster Linie der zweite, in den USA bereits angelaufene Kinofilm, später orientiert man sich an den Geschehnissen des Vorgängers. Beiden Episoden gemein ist die Freiheit, die sich Entwickler TT Games bei der knuffigen Nacherzählung der Filmvorlage genommen hat.

 



 

Die verwendete Design-Blaupause indes ist nach über 30 LEGO-Games reichlich abgenutzt, aber wer weitgehend unkomplizierte und familienfreundliche Unterhaltung mit hohem Schmunzel-Faktor sucht, ist hier goldrichtig. Langjährige Freunde der LEGO-Games beklagen allerdings eine für die Serie ungewöhnlich niedrige Puzzle-Dichte - in den meisten Fällen erschließt sich der Fortschritt von selber und genügen ein paar Fausthiebe, um das Problem zu lösen. Zum Glück setzt auch dieser LEGO-Titel immer wieder auf die individuellen Fähigkeiten der verschiedenen Figuren: So kann nur Helen alias Elastigirl ihren Körper weit genug dehnen, um damit eine Brücke für den Rest der Familie zu bauen. Und bringt nur Superkraftprotz Bob beziehungsweise "Mr. Incredible" genug Muskelschmalz auf, um damit gewaltige Maschinen zu stemmen und in vorderster Reihe die Feinde auf zu mischen, während sein Kumpel Frozone das Level-Interieur schockgefrostet. Inzwischen preschen Sohn Robert ("Flash") und Tochter Violetta in einer Energie-Blase durch die Levels, um zum Beispiel mit rasender Geschwindigkeit irgendwelche Mechanismen in Gang zu bringen. Oder die Familie stöbert gemeinsam so lange durch die aktuellen Level-Kulissen, bis sie alle LEGO-Steine gefunden haben, die sie für ein besonders brachiales Kombo-Manöver benötigen.

Außerdem bringen die "Unglaublichen" anders als die meisten LEGO-Games zumindest einen Hauch von Open-World ins Spiel: Wer sich nicht direkt dem nächsten Story-Abschnitt widmen möchte, kann vorher die Stadt erkunden und ein paar Bonus-Aufträge erfüllen, um zum Beispiel eine weitere von insgesamt 133 spielbaren Figuren zu ergattern. Wer dabei aber ein ähnlich offenes und liebevoll gestaltetes Spielgebiet erwartet wie bei "LEGO City Undercover", der wird leider enttäuscht: Visueller und spielerischer Detailgrad des Titels bleiben hinter dem sonstigen "LEGO"-Niveau zurück. Das macht die "Unglaublichen" zwar noch lange zu keinem schlechten Spiel, wohl aber zum bisher schwächsten LEGO-Titel von TT Games. Für die nächste Bauklotz-Versoftung müssen die Briten gehörig nachlegen, sonst wird es bald selbst den treuesten Fans zu bunt.