Krachende Hosenboden-Attacken, glühende Feuerbälle und bestialisches Gebrüll, das hinter gefletschten Raubtierzähnen hervor grollt: Wenn Mario und Erzfeind Bowser sich gegenseitig auf die Glocke
geben, dann ist das zunächst nichts Besonderes. Auch ein episches Boss-Gefecht zwischen Donkey Kong und King K. Rool lässt niemanden verwundert die Augenbraue lupfen.
Wenn sich allerdings Donkey Kong mit Wario verkloppt, Ness aus "EarthBound" seinen Baseball-Schläger gegen Yoshi schwingt und "Metroid"-Star Samus Energie-Kugeln auf "Zelda"-Spitzohr Link
abfeuert, dann war's das mit der Normalität. Bezieht dann auch noch "Final Fantasy 7"-Frontmann Cloud Prügel von Solid-Snake, während die beiden über das schwankende Piratenschiff aus "Wind
Waker" balancieren, dann muss irgendwas ganz schön durcheinander geraten sein.
Oder Nintendo hat einfach ein neues "Smash. Bros" veröffentlicht - also einen Ableger von genau derjenigen Kampfspiel-Serie, die trotz ihres großen Erfolges seit dem Nintendo-64-Debüt vor fast 20
Jahren immer wieder für Kontroversen sorgt. Kaum ein Genre-Vertreter polarisiert die Beat'em-Up-Gemeinde so stark wie das mit jedem Teil um weitere Figuren-Zuwächse ergänzte Klassentreffen der
Nintendo-Helden: Für den einen werden Träume wahr, wenn er als Link mit "Fire Emblem"-Figuren die Klingen kreuzen kann, für den anderen ist's das blanke, ungezügelte Crossover-Chaos.
Dabei ist der Gameplay-Kern der Serie bis heute denkbar simpel geblieben: Weder komplizierte Fingerbrecher à la "Street Fighter" noch meterlange Manöver-Listen trüben hier die Spielfreude - und
wer seines Feindes überdrüssig ist, bevor er ihm auch den letzten Pixel Lebensenergie aus dem 3D-Leib geprügelt hat, der kickt ihn einfach aus der Arena-Begrenzung. So viel zur "Smash"-Theorie -
eine scheinbar überschaubare Lehrstunde, die Nintendo für das Switch-Debüt der Serie in einem kurzen Einführungsvideo zum Besten gibt. Frei nach dem Motto: "Prügel austeilen ist gar nicht so
schwer!"
Ach wirklich? Denn noch ungleich leichter ist, welche zu beziehen: Ins Kampfspiel-Regelwerk eingestreute Jump'n'Run-Elemente, hektische Zooms aus den gigantischen Arenen hinaus (um alle Figuren
im Blick zu behalten) und natürlich die fast schon einschüchternde Größe der Kämpfer-Riege machen jede Episode der kultigen Klopperei zu einem schwer zähmbaren Monstrum, auf das sich nur die
geduldigsten Bildschirm-Duellanten einlassen. Oder solche mit viel, viel Zeit und ganz viel Liebe zum Nintendo-Detail. Die greifen dann übrigens auch gerne mal zum Gamecube-Controller - denn auf
Nintendos zwischen 2002 und 2006 vermarktetem System gelang der Smash Bros. Serie erst der eigentliche Durchbruch. Darum gilt das eigenwillige Input-Instrument des Konsolen-Würfels bis heute als
die ikonischste und natürlichste "Smash Bros."-Wahl - sie ist die "Weapon of Choice" der "Smash"-Generation. Darum produziert Nintendo den Cube-Controller bis heute und bietet auch regelmäßig
Adapter für seine jeweils aktuelle Konsolen-Generation.
Bereits dieses neckische "Rand-Detail" macht klar, wie speziell die Serie ist - und vor allem, für wen sie gemacht ist: für beinharte Nintendo-Fans. Die lachen sich vor Freude pixelig, wenn sie
als Luigi eine Luft-Pirouette drehen können, um anschließend einen von über 70 anderen Kombattanten ungespitzt in den Erdboden rammen zu können. Darunter neuerdings auch Kampfspiel-Genossen wie
der Inkling aus "Splatoon", Samus' "Metroid"-Kollege Ridley, "Castlevania"-Haudrauf Simon Belmont, Isabelle aus "Animal Crossing" und sogar das schwarze Silhouetten-Männlein aus Nintendos "Game
& Watch"-LCD-Spielen. Wem bei so viel aufwendig präsentiertem Fan-Service das Gamer-Herz aufgeht, der ist hier definitiv richtig - ganz gleich, wie lange es auch dauert, in die komplexe
Kombination aus zunächst konfusem Gehupfe und Gehacke hinein zu finden. Zumal der Hersteller das Kämpfer-Angebot später noch um fünf weitere Figuren erweitern möchte, darunter angeblich
"Xenoblade Chronicles 2"-Frontmann Rex.
Schade nur, dass Nintendo es auch bei diesem "Super Smash Bros." wieder geschafft hat, die Freude über den Online-Modus zumindest zum Start gehörig zu trüben: Weil die Geschwindigkeit der Partien
von der Internet-Verbindung des jeweils langsamsten Spielers abhängt, sind nur die wenigstens Turniere eine Freude - zumal es auch beim Match-Making gehörig hapert. Also beim Verbindungsaufbau
und der Spieler-Zuteilung für das nächste Online-Match. Wer sich aktuell mit anderen Spielern anlegen will, macht das am besten lokal: Im Couch-Koop können sich obendrein bis zu acht Gamer in den
Ring stürzen - online sind es dagegen nur vier. Trotzdem: Hoffentlich helfen künftige Updates dabei, den wichtigen Modus zu reparieren.
Ansonsten gilt das Gleiche wie für alle Serien-Teile: Ausgesprochene Nintendo-Fans mit Kampfspiel-Gen greifen bedenkenlos zu - alle anderen machen einen großen Bogen drum. Denn einmal mehr ist
das Handkanten-Klassen-Treffen von Mario & Friends in erster Linie eins: kultiger-Fan-Service.
Note: 8.0 (GUT)
WERTUNGEN: 1.0, 1.5, 2.0 = ungenügend • 2.5, 3.0, 3.5 = mangelhaft • 4.0, 4.5, 5.0 = ausreichend • 5.5, 6.0, 6.5 = befriedigend • 7.0, 7.5, 8.0 = gut • 8.5, 9.0, 9.5 = sehr gut • 10 = bahnbrechend