KRITIK • PS4, Switch • Mit seiner Traditionsserie "Dragon Quest" hat der japanische Hersteller Enix Mitte der 1980-er quasi im Alleingang das japanische Rollenspiel-Subgenre
erfunden. Über 30 Jahre später paart man es mit der skandinavischen Klötzchenbau-Welten aus "Minecraft", damit der Spieler die Heimat seiner Kulleraugen-Helden aktiv mitgestalten kann - und
landete damit einen veritablen Hit: "Dragon Quest Builders".
Teil eins hat die Funktionstüchtigkeit des ungewöhnlichen Konzepts bewiesen und die altehrwürdige Serie in etwas transformiert, das man am treffendsten als "Aufbau-Rollenspiel" definiert. Dazu
spinnt Square Enix einmal mehr eine alternative Realität für einen seiner Klassiker: Man geht davon aus, dass im ursprünglich für Nintendos 8-Bit-NES entwickelten "Dragon Quest 2" am Ende nicht
die Helden, sondern die Fieslinge die Oberhand gewonnen haben - darum muss die von den Monstern unterjochte Spielwelt in "Dragon Quest Builders 2" wieder neu aufgebaut und befreit werden. Mit
Ausnahme des Helden-Avatars erinnert sich kein anderer menschlicher Bewohner des kuscheligen Fantasy-Universums daran, wie man Behausungen baut, neue Innovationen erfindet oder auch nur die
Felder bestellt - darum soll der Spieler als heldenhafter Konstrukteur den Wiederaufbau anführen.
Dafür muss er aber erst einmal im "Minecraft"-Stil Quader-förmige Ressourcen wie Stein, Lehm oder Holz gewinnen, die anschließend in den komplexen Material- und Crafting-Kreislauf des Spiels
überführt werden. Mithilfe zuvor eroberter Baupläne lassen sich so komplexe Konstruktionen wie eine Schmiede, eine Kneipe oder Fallen zur Abwehr von arglistigen Kreaturen erschaffen. Oder man
schichtet seine Baustoffe so kunstvoll aufeinander, dass gemütliche Eigenheime, kolossale Festungen oder etwas ganz anderes entsteht. Der eigenen Kreativität sind nur wenige Grenzen gesetzt.
Anders als bei dem hochkomplexen "Minecraft" fällt die Erklärung der nötigen Konstruktions-Mechanismen in "Dragon Quest Builders 2" angenehm komfortabel aus: "Builders 2" ist ein Spiel mit
vielen, reichhaltig gefüllten Textboxen, die detaillierte Tutorials und Story-Dialoge enthalten. Manchmal wird das sogar etwas zu viel: Beim Vorgänger war das Verhältnis von "Machen" zu "Lesen"
etwas geschickter ausbalanciert - der Nachfolger entpuppt sich schnell als digitale Labertasche, die über weite Strecken dichter am Rollenspiel als am Aufbau-Game dran ist.
Dass "Builders 2" dennoch die bessere Wahl ist als sein direkter Vorgänger, ist vor allem seinem Umfang und seiner Feature-Wut zu verdanken: So ist es ab sofort möglich, eroberte Verbesserungen
und Gegenstände von einem Kapitel ins nächste zu transportieren. Außerdem dürfen der Held und seine Computer-Sidekicks neuerdings auf Tauchstation gehen und mithilfe von Segeltüchern durch die
Luft gleiten.
Darüber hinaus sorgen ein "Harvest Moon"-ähnliches Landwirtschafts-Kapitel und ein riesiger Dungeon voller fahrbarer Loren für die Sorte spielerischer Akzente, die dem ersten Teil noch gefehlt
haben. Gesellige Baumeister freuen sich derweil über einen Online-Multiplayer-Modus, in dem man gemeinsam gewaltige Bauprojekte auf die Beine stellt.
Darum ist die Switch-Fassung des Spiels auch - zumindest für Mehrspieler-Enthusiasten - die erste Wahl: Einen lokalen Multiplayer-Modus oder "Couch-Koop" gibt's nur für die Nintendo-Konsole. Wer
dagegen Wert auf ein besonders hochaufgelöstes oder flotte Spielerlebnis legt, der sollte die PS4-Version präferieren: Die läuft immerhin meistens mit 60 Einzelbildern pro Sekunde (PS4 Pro
bevorzugt), während die Switch-Fassung bei aufwendigen Baustellen manchmal sogar mit 30 fps hadert.
"Builders"-Neulinge können den ersten Teil übrigens getrost überspringen: Der bietet gegenüber dem Nachfolger keinerlei Mehrwert, auch die austauschbare Geschichte muss man nicht kennen, um den
das Sequel zu verstehen.
Note: GUT (8.0)
WERTUNGEN: 1.0, 1.5, 2.0 = ungenügend • 2.5, 3.0, 3.5 = mangelhaft • 4.0, 4.5, 5.0 = ausreichend • 5.5, 6.0, 6.5 = befriedigend • 7.0, 7.5, 8.0 = gut • 8.5, 9.0, 9.5 = sehr gut • 10 = bahnbrechend
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