Endlich mal wieder ein "Star Wars"-Titel für Einzelspieler! Im Action-Adventure "Jedi: Fallen Order" muss der junge Padawan Cal Kestis vor dem erstarkenden Imperium flüchten und seine
Ausbildung abschließen. Dafür vermischt "Apex Legends"-Macher Respawn Entertainment knallharte "Dark Souls"-Gefechte mit Adventure-Elementen nach "Tomb Raider"-Art.
KRITIK • PS4, Xbox One, PC • Nach zwei umstrittenen Kino-Abenteuern und Lootbox-Shitstorms um "Battlefront 2" befindet sich das "Star Wars"-Universum an gleich mehreren Fronten
in Schieflage. Umso eifriger arbeiten Disney und seine Partner jetzt daran, die kostbare Marke wieder auf Kurs zu bringen: Während Ende dieses Jahres mit "Der Aufstieg Skywalkers" wieder ein Film
in die Kinos kommt, der ausgiebig den Retro-Nerv der Community stimuliert, hat Electronic Arts seinen Entwicklungs-Partner Respawn mit der Entwicklung eines Solo-Trips in die "Krieg der
Sterne"-Welt beauftragt, um die tobende Fan-Gemeinde zu beschwichtigen.
Das für die "Titanfall"-Spiele und den Battle-Royale-Erfolg " Apex Legends" verantwortliche US-Studio hat sich dafür bei den Design-Blaupausen von gleich mehreren anderen Spiele-Serien gütlich
getan: Jedi-Padawan Cal Kestis geht in riesigen, unterirdischen Grabmälern auf Rätsel- und Kletter-Kurs wie ein "Tomb Raider", schwingt dazwischen das Lichtschwert wie ein "Dark Souls"-Krieger
und haut mithilfe der Macht die Zeitbremse rein, als wäre er "Max Payne".
Stein des Anstoßes ist dabei natürlich Palpatines berüchtigte "Order 66" - quasi die Sollbruchstelle des "Krieg der Sterne"-Universums: Mit diesem Befehl hat der frischgebackene Imperator in "Die
Rache der Sith" die systematische Auslöschung und Verfolgung der Jedi-Ritter angeordnet. "Fallen Order"-Frontman Cal Kestis hat das Gemetzel zwar überlebt, muss sich seitdem aber verstecken - und
ohne Meister darf er kaum darauf hoffen, seine Ausbildung jemals abzuschließen. Bis er bei seiner Flucht auf die Ex-Jedi Cere Junda und den knurrigen Raumschiff-Kapitän Greez Ditus trifft:
Zusammen mit den beiden Rebellen kreuzt Cal jetzt durch die Galaxis, um dem Geheimnis einer verschwundenen Kultur aus Macht-Nutzern auf die Schliche zu kommen und den Orden der Jedi wieder
aufzubauen.
Entwickler Respawn nutzt dieses Szenario, um den Azubi-Jedi ein Abenteuer im Stil eines "Metroidvania"-Spiels erleben zu lassen - das heißt, neu hinzugewonnene Fertigkeiten oder Upgrades werden
an anderer Stelle eingesetzt, um zuvor unzugängliche Level-Bereiche zu öffnen. So fliegt die Crew auf die Welt der geheimnisvollen Zeffo-Rasse, stürzt sich in den Kampf um Chewbaccas
Wookiee-Planeten Kashyyyk, nimmt imperiale Festungen auseinander und besucht sogar Darth Mauls finstere Heimat Dathomir - alles, um Cal neue Macht-Fähigkeiten beizubringen oder seinen kleinen
Droiden-Kumpel BD-1 zum Beispiel mit einer Anschluss-Schnittstelle zum Hacken imperialer Computer auszurüsten. Anschließend geht es wieder dorthin, wo man schon lange vorher war - denn auf einmal
öffnen sich Pforten und Geheimwege, die man für immer verschlossen glaubte.
Kurzum: Lara Croft und Nintendos "Metroid"-Heldin Samus Aran hätten an der Level-Logik von "Fallen Order" ihre helle Freude - wenn sie ein Lichtschwert schwingen könnten. Denn während die Knobel-
und Kraxel-Exkurse in die Tiefen prachtvoll ausstaffierter Kultstätten der Genre-Referenz locker Paroli bieten können, sind die Kämpfe nicht ganz so souverän gelungen.
Für die hat sich Respawn nämlich überdeutlich von den knallharten Gefechten der bei Profi-Gamern beliebten "Dark Souls"-Reihe inspirieren lassen: Wie in der von schwer gerüsteten Schwert- und
Lanzenschwingern bevölkerten Rollenspiel-Reihe muss "Fallen Order"-Held Cal Schrittchen für Schrittchen vorgehen - sonst treten ihm Sturmtruppen und Alien-Monster so hart in den verlängerten
Jedi-Rücken, dass er vor lauter Schreck alle bis dahin gewonnenen Erfahrungspunkte verliert und erst aufwendig zurückerobern muss.
Auf diese Weise will "Fallen Order" zwar anspruchsvollen Solo-Spielern gefallen - dumm nur, dass die "Dark Souls"-Gangart einfach nicht zum sonst eingeschlagenen Gamedesign-Pfad des Spiels passen
will. Die aufs Klettern und Rätseln ausgelegten Levels des "Star Wars"-Abenteuers vertragen sich einfach nicht mit ausschweifenden Waffengängen à la "Dark Souls" - dafür sind sie zu eng und die
Gefechte selber nicht taktisch genug. Lösungsvorschlag: Auf einen niedrigeren Schwierigkeitsgrad umschalten und auf diese Weise doch noch ein souverän gestaltetes "Star Wars"-Abenteuer mit zwar
fast schon zu einfachen, aber dafür kurzweiligen Lichtschwert-Fuchteleien genießen.
Denn abgesehen von diesem Manko und einigen technischen Schnitzern wie zu spät geladenen Texturen ist "Jedi: Fallen Order" genau das, was sie "Star Wars"-Spiele-Galaxie gerade braucht: Ein
charmantes, atmosphärisch dichtes und cleveres "Krieg der Sterne"-Abenteuer, an dessen visuellem Design sich sogar die Filmvorlagen ein paar Scheiben abschneiden könnten und das obendrein mit dem
knuffigsten Roboter-Sidekick seit R2-D2- kommt. Schade, dass Held Cal im Vergleich dazu recht blass bleibt. Warum die Designer diese Chance nicht genutzt haben, um endlich mit dem abgenutzten
Bild des männlichen Menschen-Jedi zu brechen und stattdessen zum Beispiel eine weibliche Alien-Heldin aufzubauen – das weiß die Macht allein.
Note: 8.5 (SEHR GUT)
WERTUNGEN: 1.0, 1.5, 2.0 = ungenügend • 2.5, 3.0, 3.5 = mangelhaft • 4.0, 4.5, 5.0 = ausreichend • 5.5, 6.0, 6.5 = befriedigend • 7.0, 7.5, 8.0 = gut • 8.5, 9.0, 9.5 = sehr gut • 10 = bahnbrechend