KRITIK • PC, Mac, PS4, Xbox One, Switch • Eine gute Tasse Kaffee nach einem langen Arbeitstag und dazu idealerwiese einen Barista mit Geduld, Humor und einem ausgeprägten Gespür für Seelen-Klempnerei. Was in der urbanen Gesellschaft die Therapeuten des geplagten Arbeiters sind, machten sich Entwickler von Toge Productions zum Vorbild für ihr neuestes Game: „Coffee Talk“. Die indonesische Spielehersteller feierte mit diesem Titel bereits im Januar sein Debüt, getestet haben wir die Switch-Fassung des im Pixel-Look gehaltenen Kaffee-Plauschs.
Wer auf tiefgründige Stories mit einer guten Portion Monsterkloppen aus ist, sollte die Hände von „Coffee Talk“ lassen. Als Barista in einer belebten Großstadt führt der Spieler eine kleine Kaffee-Bar. Ausschließlich in der Nacht geöffnet, wird sie zum Tummelplatz für Elfen, Vampire und Werwölfe.
Moment. Was hat Horror- und Fantasy-Getier ausgerechnet in einer Kaffee-Bar verloren? Wir schreiben eine Zeit, in der die mystischen Kreaturen nach Jahrhunderten des Versteckens wieder unter Menschen leben. "Shadowrun" lässt grüßen. Als Barista, ist es Eure Aufgabe das sich die Besucher wohlfühlen – unabhängig davon, ob es sich um eine gut gelaunte Menschen-Dame mit grüner Manga-Haartolle oder um unsterbliche Elfen und Sukkuben handelt.
Etwas Schlaftee für den Werwolf, oder einen Kaffee, der Vampiren den Blutdurst austreibt: Jeder Gast und jede Spezies hat ihr Lieblings-Getränk – und ganz nebenbei erfährt der Barista dabei
noch etwas über seine Gäste.
Entwickler Toge setzt für seine ausschweifenden (leider nicht vertonten) Textbox-Dialoge auf sehr alttägliche Probleme: So verirrt sich eine Sukkubus ins Café, die ihr Herz an einen Elfen
verloren hat. Doch beide Familien missbilligen die Verbindung – rassistische Ressentiments im Fantasy-Kosmos. Oder wir bewirten einen uralten Vampir, der seinem Leben kaum noch etwas
Positives abgewinnen kann. Dabei gilt immer: Das richtige Getränk lockert nicht nur Zungen, sondern sorgt außerdem dafür, das die gerade anwesenden Gäste auch untereinander ins Gespräch kommen.
Dabei wird manch ein Problem aus der Welt geschafft.
Also alles nur eine Aneinanderreihung loser Geschichte? Eine Person, die eulenhaft in der Nacht in der Bar aufschlägt, ist eine junge Autorin und Journalistin. Ihr Wunsch ist es, eine eigenen
Roman zu veröffentlichen. Darum beschließt sie kurzerhand, all die kleinen Geschichten zu verarbeiten, deren Zeugin sie in dem Café wird. Die Dame ist nicht nur verdamm direkt – sie bildet
durch ihre Recherchen obendrein den überbordenden Handlungsbogen, der sämtliche "Coffee Talks" zusammenschließt.
Damit ist die anheimelnd illustrierte und charmant geschriebene Kurzgeschichten-Sammlung nichts für hyperaktive Spieler, die ein Maximum an Interaktion schätzen – denn abgesehen vom
gelegentlichen Brauen sowie Servieren der Titel-gebenden Heißgetränke (mithilfe einer praktischen Rezept-App im digitalen Smartphone) gibt es hier nichts zu tun. Außer Zuhören (oder vielmehr
Lesen) natürlich – und in dieser Disziplin ist das kleine "Coffee Talk" ganz groß. Wer japanische Visual-Novels schätzt, lässt sich hier gerne bedienen. "Zurücklehnen und stressfrei
genießen" lautet die Devise… wie bei einer guten Tasse Kaffee! (Lili Schmirgal)
Note: 8.0 (GUT)
WERTUNGEN: 1.0, 1.5, 2.0 = ungenügend • 2.5, 3.0, 3.5 = mangelhaft • 4.0, 4.5, 5.0 = ausreichend • 5.5, 6.0, 6.5 = befriedigend • 7.0, 7.5, 8.0 = gut • 8.5, 9.0, 9.5 = sehr gut • 10 = bahnbrechend