Für die meisten Horrorspiel-Fans dürfte „Resident Evil“ so etwas wie die Initialzündung des Grusel-Games sein. Doch der eigentliche Urahn des Genres, das passionierte Untoten-Häscher heute unter
der Bezeichnung „Survival Horror“ kennen, ist schon vier Jahre früher dran: Der inzwischen verblichene französische Publisher Infogrames veröffentlicht 1992 die von Lovecraft’s „Cthulhu-Mythos“
inspirierte, digitale Schauermär „Alone in the Dark“. Die bietet – ebenso wie ihr geistiger Nachfahr „Resident Evil“ – eine für damalige Verhältnisse ungewöhnliche Kombination aus
dreidimensional präsentierten 2D-Hintergründen, durch die man 3D-Monster torkeln lässt. Das Resultat ist ein durch seine packenden Blickwinkel fast filmisch wirkendes Erlebnis – auch
wenn die Polygon-Kreaturen bei „Alone in the Dark“ noch so kantig aussehen, dass sich ohne viel Vorstellungsvermögen das gewünschte Grusel-Erlebnis nur bedingt einstellt. Trotz technischer
Limitation wird das geschickt inszenierte „Alone in the Dark“ bei PC-Spielern zum Klassiker – auch wenn Capcoms „Resident Evil“ vier Jahre später den Großteil der Lorbeeren (und vor allem
den kommerziellen Erfolg) einheimst, die eigentlich das französische Spiel verdient hätte.
Dass der Infogrames-Klassiker heute nahezu in Vergessenheit geraten ist, liegt nicht zuletzt an der mangelhaften Marken-Pflege: Nachdem man der japanischen Grusel-Konkurrenz für mehrere Jahre
kampflos das Feld überlässt, versucht man sich 2001 mit „Alone in the Dark: The New Nightmare“ an einem Revival für PC, PSOne, PS2 und Dreamcast. Das läuft dem japanischen Horror-Primus aber eher
hinterher, als dass es neue Impulse setzt. Der einstige Pionier wird zum (mäßig erfolgreichen) Nachahmungstäter.
Bis zum nächsten Teil soll es (schon wieder) sieben Jahre dauern: Das schlicht mit „Alone in the Dark“ betitelte Action- und Horror-Abenteuer, das Infogrames (inzwischen eigentlichen „Atari“)
2008 für PS2 und Wii, aber vor allem PC, PS3 sowie Xbox 360 bringt, bekommt so schlechte Kritiken und ist so verbugt, dass die Serie vorerst wieder in der Versenkung verschwindet. Vom 2015
ausschließlich für Windows-PCs veröffentlichten „Alone in the Dark: Illumination“ bekommt kaum jemand was mit – was angesichts einer internationalen Durchschnittswertung von 19 Prozent (laut
Metacritic) ein vermutlich verschmerzbares Versäumnis darstellt. Es geht also immer noch schlechter.
Inzwischen wurden die Rechte auch dieser glücklosen Spiele-Marke – wie so viele ihrer Art – an die Küste von Franchise-Fischer THQ Nordic bzw. der Embracer-Gruppe gespült. Und wie von dem
schwedisch-österreichischen Publishing- sowie Aufkauf-Konglomerat gewöhnt, landet das eingeholte Treibgut bei einem der angegliederten Klein-Studios, um später in ein Software-Vehikel verwandelt
zu werden, das mit dem Original hoffentlich etwas mehr gemein hat als nur den Titel. In diesem Fall sind sind es die Schweden von „Pieces Interactive“, die dem einst französischen Monster neues
Pixel-Leben einhauchen sollen. Im ersten Video zu dem scheinbar als Remake geplanten Horror-Abenteuer lassen sich allerdings nur bedingt Parallelen zum Original erkennen.
Wann „Alone in the Dark“ erscheint, ist unklar – erstes Gameplay-Material will man wohl im Rahmen der bevorstehenden Gamescom präsentieren.