Google macht Stadia dicht


 

NEWS • Alle Jahre wieder wollen US-Online-Riesen wie Google oder amazon die Spiele-Branche mit neuen, innovativen Angeboten umkrempeln – aber dann scheitern sie schon nach kurzer Zeit an der Unfähigkeit, die Zielgruppe und die Mechanismen einer sehr speziellen Branche zu verstehen. Und natürlich an mangelndem Durchhaltevermögen – was bei finanziell derart solide aufgestellten Unternehmen immer wieder verblüfft.

 

Auch Googles Streaming-Dienst Stadia reiht sich jetzt bei der langen Listen an verspielten Fehlstarts ein: Am 18. Januar 2023 will Betreiber Google die Server nach gerade mal drei Jahren wieder ausschalten – laut des hauseigenen Blogs wegen fehlender Akzeptanz. Tatsächlich dürfte aber das wenig transparente Geschäfts- und Preismodell der Plattform schuld sein, denn Interessenten gab es gerade anfangs jede Menge – immerhin haben viele auf das „Netflix der Spiele-Branche“ gehofft. Will heißen: Jeden Monat eine überschaubare Abo-Summe springen lassen, um dann zocken zu können, was die Griffel hergeben. Nur so funktioniert Stadia leider nicht: Stattdessen muss man die meisten der angebotenen Spiele zusätzlich kaufen, ohne sie dann wirklich zu besitzen – abgesehen von einigen im Pro-Angebot enthaltenen Titeln, für die neben der Abogebühr kein Aufpreis fällig wird. Darunter Titel wie „Resident Evil 7“, „Sniper Elite 4“, „Destiny 2“ oder „Life is Strange“. Ein bisschen wie bei amazon prime also – nur, dass es bei Stadia kaum nennenswerte Exklusiv-Titel und keinen damit verknüpften Premium-Lieferservice gibt, die das Gesamt-Angebot rechtfertigen würden.

 

Über die Plattform erstandene Spiele werden ab dem 18. Januar 2023 also nicht mehr für die Käufer verfügbar sein – aber die erhalten die zuvor gelöhnte Kaufsumme immerhin anstandslos zurückerstattet. Schade: Stadia-exklusive Titel wie "Hello Engineer", "Gylt" oder "Outcasters" werden damit entweder für immer oder zumindest zeitweilig verschwinden.

Abgesehen von finanziellen und Image-seitigen Scharten für Google dürfte auch das Streaming-Konzept selber nicht ganz unbeschadet davonkommen: Obwohl im TV-Bereich immens erfolgreich, konnte das Geschäftsmodell im Spiele-Kosmos bis heute richtig punkten. Zum einen, weil die auch beim Serien- und Film-Streaming immer wieder auftretenden Lags im Fall von schnellen Spielen natürlich wesentlich unangenehmer auffallen. Zum anderen, weil viele Gamer – was ihr Konsum- und Kaufverhalten angeht – deutlich konservativer sind. Will heißen: Man will ein Produkt an liebsten wirklich (idealerweise physisch oder wenigstens auf der lokalen HD installiert) besitzen und es auf einer entsprechend leistungsfähigen Hardware abspielen.

Googles Pleite auf dem Gebiet könnte die Etablierung der Technik im Spiele-Sektor um Jahre zurückwerfen. Abo-Angebote, bei denen man die betreffenden Spiele lokal installieren kann und nicht extra bezahlen muss – allen voran wohl Microsofts Game Pass – sind aktuell noch wesentlich erfolgreicher.