Unser Geschrei zu … Planet der Affen – New Kingdom


 

Ugh, Ugh, Kreisch, Pfffrrrrtt!!! Zu gut Menschensprech: Nach Cäsars Tod in "Survival" springt das "Planet der Affen"-Franchise mehrere hundert Jahre in die Zukunft – und greift dabei voll in die Affenkacke.

 

FILMKRITIK • Millionen-Städte, die im Laufe vieler Jahrhunderte von der Natur zurückerobert werden: Früher waren sie trist und grau – jetzt sind es in die Höhe schießende Oasen. Immergrüne, idyllische Sinnbilder für die Vergänglichkeit der menschlichen Zivilisation. Der Mensch hat verloren, aber das Leben gewonnen.

Bereits Anfang der 2000er-Jahre haben mehrere verschiedene Dokumentationen dieses Thema aufgegriffen: Wie würden unsere heutigen Metropolen als "Lost Places" aussehen? Und wie lange würde es dauern, bis die Wahrzeichen unserer Zeit unter dem Gewicht von Kletterpflanzen und Vogelschiss zusammengebrochen sind? An Antworten auf diese Fragen haben sich bis heute vor allem Videospiele versucht. Und mit Bildern von paradiesischen Skyscraper-Atollen den Teil unserer Seele angerührt, der sich insgeheim wünscht, alles würde zum Teufel gehen. Aber auf die schöne Art. Die Welt soll unter- und dann in einem neuen Paradies aufgehen. Der Weltuntergangs-Horror weicht der Weltuntergangs-Romantik.

Vielleicht liegt es an genau dieser Games-seitigen Prägung der grünen Untergangs-Idylle, dass ich mich inzwischen schwer damit tue, sie überhaupt noch als Schauplatz für eine ernstzunehmende Geschichte zu akzeptieren. Wenn der neue "Planet der Affen"-Protagonist Noa wie ein Spiele-Held auf die "Gipfel" von Wolkenkratzer-Ruinen wuselt, will ich unwillkürlich zum Controller greifen – und wenn er strauchelt, dann überkommt mich kurz das gleiche unwirklich-mulmige Sturz-Gefühl wie bei einem "Tomb Raider"-Spiel. Nun ist es ja nicht grundsätzlich etwas Schlechtes, wenn Entertainment interdisziplinär wird. Videospiele arbeiten schon ewig wie selbstverständlich mit filmischen Erzählmustern und Stilmitteln – warum sollte es also nicht auch anders herum funktionieren? Wenn die Gamification einer klassischen Filmreihe allerdings so weit geht, dass ich das Gefühl bekomme, als wäre das World-Building aus der Feder drittklassiger Nebenquest-Autoren auf die Leinwand geflossen, dann funktioniert für mich das ganze erzählerische und atmosphärische Gefüge nicht mehr.

Während Noa und seine Gefährten Schauplätze wie einen rostigen Schiffsfriedhof oder einen mit menschlicher Kriegsmaschinerie vollgestopften Bunker durchqueren, werde ich den Eindruck nicht los, als wäre all das eigentlich keine für einen Film entworfene Welt, sondern vielmehr eine Art verkappter Videogame-Schauplatz. Immer wieder will ich die Umgebung erforschen und selber um die nächste Ecke schielen, um zu erfahren, wie diese Welt so geworden ist. In Schubladen und zwischen Schutthaufen herumwühlen, um Informationen zu finden, die mir das "New Kingdom" vorenthält. Um diese Welt mit einer Bedeutung zu füllen, die dem Film selber gänzlich fehlt. Fast möchte ich glauben, das "New Kingdom"-Kinoabenteuer wäre der überlange Werbe-Trailer für ein späteres "New Kingdom"-Spiel. In diesem Fall wäre Interdisziplinarität aber kein interessanter Austausch an sich gegenseitig ergänzenden Stilmitteln und Erzähl-Formen, sondern nur eine billige Werbe-Masche. Für viel wahrscheinlicher halte ich allerdings, dass die Autoren es schlicht ersäumt haben, ihre Welt mit Sinnhaftigkeit und füllen, weil sie dabei selber nicht viel im Sinn hatten.

 



 

Nun war die "Planet der Affen"-Serie noch nie bekannt für ihre erzählerische Konsistenz: Seitdem Charlton Heston 1968 an der Seite von stammelnden, grunzenden Menschen vor berittenen Affen-Häschern geflüchtet ist, hat die Filmreihe so unglaublich viele blödsinnige Erzähl-Haken geschlagen, dass einem schon schwummerig werden konnte, lange bevor Tim Burton 2001 mit seinem Quasi-Remake eine Bauchlandung hinlegte. Doch eines konnte die Serie schon immer gut: uns mit großen, bedeutungsvollen Bildern und Momenten gefangen nehmen, die unser Verständnis von Zivilisation, Evolution oder Menschlichkeit auf den Kopf stellen. Affen, die reiten, sprechen und in zivilisierten Städten leben, während ebenso stumme wie dumme Menschen wie Vieh zusammengetrieben, mit Netzen gefangen, getötet, ausgeweidet und in Museen zur Schau gestellt werden? Das sind so starke und schockierende Bilder, dass sie kaum einer weiteren Erklärung bedürfen. Bilder, die sich im kollektiven Medien-Gedächtnis einbrennen.

Zum Glück hatten auch die alten Nachfolgefilme ihre starken Momente: Wie die gegen ihre menschlichen Unterdrücker rebellierenden Arbeiter-Affen, die mit einem lautstarken „NEIN!“ ihren Weg zur Sprache finden. Oder mutierte Menschen, die sich unter der Erde vor den neuen Affen-Herrschern verbergen und dabei die Atombombe als Gottheit anbeten. All das waren mal zutiefst verstörende, aber für die damalige Ära des Science-Fiction-Films nicht unübliche Bilder, denn starke fantastische Filme bargen zu dieser Zeit fast immer auch Horror-Elemente. Denn was schockiert und verstört, das bleibt im Gedächtnis und regt zum Überlegen an

New Kingdom hat nichts von alledem. Nichts, was uns irgendwie emotional gefangen nehmen oder sich in unseren Köpfen festsetzen würde – und zum Nachdenken will man uns scheinbar gar nicht erst anregen. Dann würde uns ja vielleicht auffallen, das hier alles nur Fassade ist. Von der aufgesetzten Vision eines vermeintlich Natur-verbundenen und Greifvögel zähmenden Affen-Flussvolks bis zu einem irren, sich zum „Cäsar“ krönenden Affen-Herrscher, dem alle Mittel Recht sind, um die technischen Errungenschaften der Menschen zu erobern und so Unsterblichkeit zu erlangen. Und der darüber selber ganz schön "menschlich" wird.

Vielleicht würde uns dann aber auch auffallen, dass "New Kingdom" zwar den moralischen Zeigefinger hebt, sich dabei aber nur in genau den gleichen überholten Klischees ergeht, die das „Planet der Affen“-Franchise schon x-mal ausgelotet hat. Zuletzt seine drei direkten Vorgänger, die immerhin so etwas hinbekommen haben, wie dem Klassiker von 1968 erstmals eine Art funktioneller Vorgeschichte voranzustellen. Wenn „New Kingdom“ jetzt allerdings so etwas sein soll wie eine Neu-Interpretation desjenigen Zeitraums, von dem wir im Charlton-Heston-Klassiker zum ersten Mal einen Blick erheischen durften, dann haben sich Regie-Gorilla Wes Ball und Drehbuch-Primat Josh Friedman gehörig verhoben – denn die Bilder ihres Affenplaneten sind genauso austauschbar wie die aus Balls „Maze Runner“-Umsetzung, die Geschichte ähnlich hohl wie die von Friedmans „Way of Water“-Skript und am Ende ergeben sie genau die Sorte x-beliebiger Soße, die man von Disney erwartet, wenn sie eine Marke hartnäckig über ihr Verfallsdatum hinaus am Leben erhalten und gewaltsam ausquetschen wollen. Zum Glück hat’s diesmal nicht geklappt: Der rund 160 Mio. US-Dollar teure „New Kingdom“ hat an der Kinokasse gerade mal 140 Mio. reingeholt und ist damit der bisher einzige echte Flop aus der Reihe der neuen Verfilmungen, die 2011 mit Rupert Wyatts "Prevolution" begann.

Hoffentlich bedeutet das erstmal das Aus für den Affenstall. Bis jemand mit echter Vision den Science-Fiction-Zoo neu aufstellt. Denn das hier ist einfach – Ihr ahnt es sicher schon – ein großer, dampfender Haufen Affenscheiße. (Robert Bannert)

Note: 3.5 (MANGELHAFT)

 


WERTUNGEN: 1.0, 1.5, 2.0 = ungenügend • 2.5, 3.0, 3.5 = mangelhaft • 4.0, 4.5, 5.0 = ausreichend • 5.5, 6.0, 6.5 = befriedigend • 7.0, 7.5, 8.0 = gut • 8.5, 9.0, 9.5 = sehr gut • 10 = bahnbrechend