Rainbow Six: Siege

Multiplayer-Gefechte und Anti-Terror-Einsätze mit einem Hauch von Taktik: Dafür steht die Shooter-Reihe "Tom Clancy's Rainbow Six" seit ihrem ersten Einsatz für PC, PlayStation & Co. (1998). Doch nach achtmaligem Ausrücken war mit  "Rainbow Six: Vegas 2" vor sieben Jahren erstmal Schluss: Die Einheit wurde in den spielerischen Ruhestand geschickt.

Zumindest vorerst. Denn jetzt dürfen die Experten für Gebäude- und Gassenkampf endlich wieder ran, die hochgerüsteten Kämpfer gegen Terror, Geiselnahmen und zivilen Unsinn tun wieder das, was sie am besten können: Böse Buben ausschalten, Geiseln retten – und dabei sorgsam die militanten Erzähl-Klischees pflegen, für die der verstorbene Autor und Serien-Pate Tom Clancy so bekannt war. Denn wie gewohnt gilt: "Rainbow Six" ist genauso ultra-amerikanisch wie die tatsächliche Spezialeinheit, die es behandelt (oder vielmehr behandeln sollte). Klarer Fall: Wer mit kritiklosem Super-Patriotismus, unreflektiertem Beharken gesichtsloser Terrorbrüder oder Werbe-Parolen Marke "In jedem von uns steckt ein Soldat" so seine Probleme hat, der nimmt lieber Abstand. Auch wer eine echte Geschichte wie bei den Vorgängern erwartet, dürfte mit "Siege" wenig anfangen können: Bedient werden hier nur Multiplayer-affine Terror-Bekämpfer – außerdem kommt die namensgebende Spezialeinheit nur im Intro des Spiels vor. Ansonsten bekriegen sich hier FBI, GSG9 sowie Spetznatz – und zwar unsinnigerweise am liebsten untereinander.

 

 

Doch abseits von Skript-seitigem Dummfug und ein bisschen Etikettenschwindel liefern die Entwickler eine erstaunlichen kompetente Mixtur aus Mehrspieler-Ballerei und einem Hauch von Tower Defense ab. Das eine Team verschanzt sich, das andere soll die Nuss knacken und das Nest ausheben. Möglichst ohne dabei irgendwelche Geiseln zu verlieren oder zu entschärfende Bomben hochgehen zu lassen. Wie man das am besten hinbekommt, das vermitteln immerhin elf Singleplayer-Missionen, in denen der Spieler vor allem Tutorial-Luft atmet: Hier lernt er, wie man eine fahrende und über Treppenabsätze hopsende Ausspäh-Drone fernsteuert. Oder schlichte Einfamilienhäuser ruckzuck in schier uneinnehmbare Festungen verwandelt. Schwachpunkte im Boden oder an den Wänden werden mit Hilfe raffinierter Mechanismen in Sekundenschnelle verstärkt und versiegelt – in der Rolle des Angreifers wiederum geht es darum, diese Hindernisse mittels gekonnt platzierter Sprengladungen wieder aus dem Weg zu räumen. Das beim Kawumm enstehende Chaos aus Qualm, Splittern und Lärm nutzt die stürmende Einheit dann als Deckung, während sie rasch ins Gebäude und zum Beispiel hinter einen umgestürzten Tisch hastet. Ob das arglose Möbel dem Beschuss der Verteidiger lange standhält, ist allerdings fraglich – denn so ziemlich alles, was in "Siege" nicht aus Beton oder Stahl besteht, das lässt sich von beiden Seiten durchlöchern. Fimschiger Pressspan und Billig-Verputz sind als Schutz gegen eine Schrotflinte also ungefähr genauso wirksam wie… Luft. Einziger Vorteil: Der Gegner sieht nicht, wo man sich gerade genau befindet und muss daher auf Verdacht draufhalten.

Aus diesem Szenario stricken Ubisofts Designer packende Team-Kämpfe fünf gegen fünf Mann, bei denen das Interieur allerdings nicht halb so spektakulär zu Bruch geht wie man es nach den ersten Trailern gehofft hat. Ergo: Das neue "Rainbow Six" spielt man nicht, weil man auf der Suche nach einem audiovisuellen Kick oder einem packenden, filmartigen Erlebnis ist. Jede Menge Spannung gibt es aber trotzdem – und zwar von der Sorte, die sich die Spieler selber machen. Vorausgesetzt natürlich, man findet ein hartgesottenes Spezialisten-Team. Denn eines ist "Siege" auf jeden Fall: Kost für absolute Mehrspieler-Profis – mit ziellosem "Bumm, Bumm, Baller, Baller" kommt man hier nicht weit. Und hat auch keinen Spaß.

 

Robert Bannert


7.5

gut

Grafik: befriedigend

Sound: gut

Steuerung: gut

Spielspaß: gut