Resident Evil 0 Remaster

Mit Spiele-Klassikern ist das so eine Sache: Bei ihrer Veröffentlichung sind sie technisch moderne Spiele-Hits auf der Höhe ihrer Zeit – doch im Laufe der folgenden Jahre ist es vor allem unsere Erinnerung an sie, die das Bild von ihnen prägt. Sie werden nicht wegen dem zum Klassiker, was sie tatsächlich mal waren – sondern für das, was wir in ihnen sehen. Das Problem dabei: Die Erinnerung des Menschen ist ziemlich ungenau. Bekommen wir den Klassiker von einst aber noch mal vorgesetzt, dann sind wir entweder gnadenlos enttäuscht. Oder aber wir sehen ihn mit der rosaroten Retro-Brille – und die ist nicht weniger als ein Freibrief für geradezu groteske Verzerrungen des guten Gamer-Geschmacks. Ganz ähnlich verhält es sich mit den HD-Remakes von Capcoms klassischer Grusel-Reihe "Resident Evil":

Die haben die Art und Weise, in der wir Horror-Games erleben, grundlegend verändert. Doch nach heutigen Maßstäben sind die frühen Inkarnationen der digitalen Geisterbahn alles andere als komfortabel: Die Steuerung ist sperrig und unpräzise, die KI-Gegner sind ungefähr  so clever und geschickt wie Bulldozzer und die Story hat nicht mal mehr Trash-Movie-Niveau. Trotzdem haftet den moderneren Teilen der Serie der Ruf an, die ehemalige Erfolgsformel der Marke pervertiert zu haben. Ob sich diese Formel heute noch immer sinnvoll auf das Adventure-Genre anwenden ließe – die stellt sich allerdings kaum jemand. Betrachtet man das jüngste HD-Remake der Serie, dann hat man nicht unbedingt den Eindruck: "Resident Evil 0" ist noch immer das gleiche Spiel wie bei seiner Gamecube-Veröffentlichung vor 14 Jahren – mit Ausnahme der aufpolierten Grafikauflösung und einer alternativen Kontroll-Methode hat sich am Abenteuer des blutjungen STARS-Mitglieds Rebecca Chambers nichts geändert. Noch immer kämpft sie sich an der Seite von Serienkiller Billy Coen durch eine von Zombies und anderen Gammelfleisch-Monstrositäten überlaufene Bahn – später führt die beiden ihre Grusel-, Rätsel- und Action-gespickte Schauer-Tour unter anderem in ein Forschungslabor und eine Trainingsanlage. Die besten Karten hat dabei, wer sich auf die individuellen Fähigkeiten der beiden Spielfiguren einlässt: Während nur Rebecca unterschiedliche Heilkräuter durcheinander mixen und kleine Öffnungen passieren darf, ist Billy vor allem für solche Jobs geeignet, bei denen rohe Muskelkraft gefragt ist.

 

 

Doch der größte Feind der beiden Helden… das sind weder die grotesken Bestien noch ihre lebensfeindlichen Umbegung: Es sind die spielerischen Beschränkungen des Abenteuers, die es besonders gefährlich machen – und reizvoll zugleich. "Resident Evil 0" gehört zu den letzten Vertretern einer Games-Ära, in der viele Spielkonzepte so viele Ecken und Kanten hatten, dass man sich erst mühsam mit ihren arrangieren musste, bevor man so etwas wie ein Genuss- oder Erfolgserlebnis hatte. Darunter fallen bei "Resident Evil" die Serien-typische Stolpersteine. Wie zum Beispiel das eingeschränkte Inventar (mit gerade mal genug Platz für sechs Objekte), die Beschränkung der speicherbaren Spielstände und eben die sperrige Steuerung. Mit der Original-Variante manövrieren Rebecca und Billy ungefähr so behände wie ein leckgeschlagener Ozeanriese durch die finsteren Untiefen des Adventures – auch mit der neuen und aufgemöbelten Version wird's nicht maßgblich flotter. Doch gerade diese Schwerfälligkeit empfinden viele Gamer heute als Segen: Aktuelle Spiele-Titel wie ein "Dark Souls" oder "Bloodborne" zitieren die Design-Unzulänglichkeiten von früher, weil immer mehr Spieler den Komfort und die hohe Zugänglichkeit moderner Games-Serien scheuen. "Sperrig" und "grob gezimmert" – das bedeutet für die Anhänger dieser "neuen Spiele-Härte" so viel wie "herausfordernd" und "anspruchsvoll". Kurzum: Diese Leute schätzen besonders solche Spiele, die ihnen mit Anlauf in den Allerwertesten treten. Wer zu dieser Sorte ausgesprochener Gamer-Hartwürste gehört, der könnte mit "Resident Evil 0" glücklich werden – auch wenn es nicht ganz den ursprünglichen Untoten-Charme des Erstlings verströmt. Wer dessen "Remaster"-Fassung noch nicht besitzt, der legt sich am besten gleich die ab Freitag erhältliche "Origins Collecton" zu (für PS4, Xbox One, PC). Hier bekommt man für 40 Euro beide Remaster-"Resis" auf einmal in einer Box.

 


7.5

gut

Grafik: befriedigend

Sound: befriedigend

Steuerung: befriedigend

Spielspaß: gut